Mittwoch, März 25, 2015

Wege zu einer vertieften Spiritualität (Seiten 172-186)

Wir brauchen Hilfsmittel, sogenannte Seile, um unser Vertrauen und unsere Hingabe an Gott zu bekräftigen. Denn er möchte uns seinen Rhythmus schenken. Tagzeitengebete sind eine gute Übung, weil sie mein Tun unterbrechen, begrenzen und mich auf Gott ausrichten. Ich bin nicht immer verfügbar, und das Leben auf der Erde ist eine unvollendete Symphonie (Seite 182). In den Klöster gelten in der Regel folgende Zeiten: Vigil 03.45h – Laudes 6.00 – Prim (mit Messe) 6.25h – Sext 12.15h – Non 14.00h – Vesper 17.40h – Komplet 19.40h. Auch das Jesusgebet hilft gegen Abschweifungen; Schweigen unterbricht mein Reden und Schriftlesung, besonders die Psalmen, beeinflusst mein Denken und Fühlen und kann es in gesunde Bahnen lenken. Feiertagsruhe wurde von Gott geschaffen und zeichnete Israel gegenüber den umliegenden Völkern aus. Auch wir brauchen Entspannung und Freitzeitbeschäftigung, die uns zwecklos einfach nur erfreuen dürfen. Geniessen der Gaben Gottes mit allen Sinnen und in Gemeinschaft ist uns sogar aufgetragen und ist also kein unnötiger Luxus! Gotteslob und Gott „schauen“ in Gottesdienst und Stille seien ein Vorgeschmack aufs himmlische Fest.

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Dienstag, März 24, 2015

Die Seele weiten lassen (Seiten 152-171)

Scazzero ist in gewisser Hinsicht radikal, er sagt: Geistliches Leben ist real oder es ist gar keines! In unserer heutigen westlichen Kultur wird Schmerzhaftes häufig betäubt, verdrängt, weggeschoben, wegerklärt oder umgangen. Diese Reaktionen führen zu Abstumpfung, Depression oder Sucht. Als ungesunde Verluststrategien nennt er: ·Verleugnung oder selektives Vergessen ·Herunterspielen und Entschuldigen ·Schuld zuschieben, Projektionen ·Falsche Schuldgefühle und Gewissensbisse ·Erklärungen und Rechtfertigungen ·Analysen und Vergleiche ·Ablenkungen ·Kurze Konfrontationen

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Dienstag, März 17, 2015

Der Weg durch die Mauer (Seiten 132-151)

Scazzero sieht einen gesunden, reifen Glauben in Stufen entstehen und durch Widerstände wachsen: 1. Vertrauen in Gott 2. Lernen: in Glauben hineinwachsen, Jesus nachfolgen 3. Dienen im Leben 4. Vertiefen (oft durch Krisen ausgelöst): Reise nach innen, um die Schallmauer zu überwinden (Johannes vom Kreuz hat sie „die dunkle Nacht der Seele oder des liebenden Feuers“ genannt) 5. Anwenden: Reise nach aussen 6. Wachsen in der Liebe, neue Schritte tun Kennzeichen der Reife seien: · Bindungsfähigkeit und Beleidigungstoleranz: Hineinwachsen in echte Demut · Heiliges Nichtwissen: Akzeptieren und Verstehen der Nähe und Ferne Gottes („Wenn du verstehst, dann ist es nicht Gott, den du verstehst.“ Augustinus. „Dies ist die endgültige Erkenntnis über Gott: zu wissen, dass wir nichts wissen.“ Thomas von Aquin. „Je mehr ich über Gott weiss, desto weniger weiss ich von ihm.“ Peter Scazzero, Seiten 146 und 147) · Warten auf Gott, auf seinen „Kairos“ · Irdisches dankbar geniessen und bereits loslassen lernen, denn es geht in dieser Welt und im Leben nicht um mich; ich habe nichts im Griff und werde auch einmal sterben, um die unverhüllte Liebesgemeinschaft mit Gott zu erfahren

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Sonntag, März 15, 2015

Kontemplative Spiritualität

Kontemplative Spiritualität ist eine Frömmigkeit, die von Gottes Liebe, Wertschätzung und Zuwendung lebt (Seite 50). Gott wird in der Bibel mit vielfältigen Emotionen wie Fröhlichkeit, Mitgefühl und auch Zorn beschrieben, warum sollten wir nicht auch so emotional sein? Unter all meinen Identitäten und hinter meinen Masken und auch nach den Folgen des Sündenfalls liegt meine wahre Identität, die lautet: Ich bin von Gott gewollt, gemacht, geliebt, wertgeschätzt, bedeutsam und einmalig! Annehmen der wirklichen Identität hilft gegen Versuchungen wie Erfolg, Besitz und Beliebtheit. Auch Familiengeheimnissen wie „ich gebe dir, dafür gibst du mir“ bin ich nicht mehr ausgeliefert. Sie können erkannt, hinterfragt und durchbrochen werden. Eine kontemplative Spiritualität orientiert sich dagegen an folgenden Kriterien: ·Gottes Liebe in allem suchen, erkennen und sich ihr überlassen ·Gottes Gegenwart suchen, auf ihn hören und bei ihm verweilen und ruhen ·Gott erlauben, in der Tiefe unseres Wesens zu wohnen ·Geistliche Übungen wie Stille und Einsamkeit zulassen, ein- und regelmässig ausüben ·Leben als Wachstumsprozess verstehen lernen, der auch Schmerzen einschliesst ·Andere Menschen lieben von Gott her und aus seiner Perspektive und Kraft ·Einen ausgeglichen Lebensstil und Lebensrhythmus entwickeln und pflegen ·Verbindliche Gemeinschaft leben Kontemplative Spiritualität will den Weg der Nachfolge Christi unterstützen und zielt daher auf konkrete Schritte: Stille, ehrliche Begleitende, Verlassen, Beten für Mut und Durchbrechen der „Schallmauer“. Die Geschichte Josefs ist ein gutes Beispiel für emotionale Gesundheit und spirituelles Wachstum. Er wuchs in einer Patchworkfamilie auf, wo Lüge und Betrug seit Generationen als Familiengeheimnis geherrscht hatten. Trotz herben Enttäuschungen und massiven Verlusterfahrungen (in seiner Jugend) hielt er an Gott fest. Josef war Gott treu im kleinen, um zu gegebener Zeit Grosses tun zu können. Gott führte ihn geheimnisvoll an die zweithöchste Stelle in Ägypten, damit seine Familie und er überleben konnten (Gen 45,7+8). Mehrmals weinte Josef laut, um seiner Trauer ohne Beschönigung Raum zu lassen. Er benannte seine Kinder Manasse und Ephraim, was Vergessen und Wachsen lassen bedeutet.

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Peter Scazzero: Glaubensriesen – Seelenzwerge

Das zweite Buch des New Yorker Pastors und Buchautors Peter Scazzero, das ich hier vorstellen möchte, heisst: Glaubensriesen - Seelenzwerge. Geistliches Wachstum und emotionale Reife. (Im amerikanischen Original: Emotionally Healthy Spirituality. Unleash a Revolution in Your Life in Christ.) Die deutsche Fassung ist im Brunnen-Verlag Giessen 2008 unter der ISBN-Nummer: 978-3-7655-1494-4 erschienen. Zum Inhalt: Scazzero stellt in diesem Buch eine Analyse ungesunder christlicher Spiritualität dar und legt Konzepte vor, die zu emotionaler Gesundheit und einer tieferen Spiritualität führen können, sofern man bei sich genau hinschaut und sich von Gott verändern lässt. Ungesunde Spiritualität sei eine Frömmigkeit, die nicht wirklich in die Tiefe gehe und von Gott wegführe (Seite 25). Sie zeige sich an folgenden Symptomen: . Gott benutzen, um vor ihm zu fliehen („Mein statt dein Wille geschehe“) . Negativ besetzte Gefühle ignorieren (wie Wut, Traurigkeit oder Angst) . Falschen Dingen absterben („Nur wer ein Ich ausgebildet hat, kann es auch hingeben; nur was lebenshindernd ist, soll losgelassen werden; das Lebensfördernde ist hingegen zu bejahen!) . Vergangenheit leugnen oder glorifizieren . Leben in säkulare und heilige Bereiche aufteilen (selektieren führt zu Doppelleben und Heuchelei) . Taten für Gott statt leben mit ihm (wie in unserer Leistungsgesellschaft) . Konflikte geistlich übertünchen (Selbstbetrug statt Wahrheit) . Gebrochenheit, Schwachheit und Versagen bemänteln und überdecken (statt dazu zu stehen wie in vielen Psalmen darüber gesprochen und weitere biblische Personen dargestellt werden) . Grenzenlos leben und immer verfügbar sein (nicht nein sagen können) . Andere verurteilen (Überheblichkeit). Emotionale Gesundheit definiert Scazzero wie folgt (Seite 49): . Gefühle erkennen, benennen und steuern . Mitgefühl für andere empfinden und entwickeln, ohne sie ändern zu wollen . Beziehungen eingehen und pflegen . Zerstörerische Muster erkennen und aufgeben . Vergangenes erkennen und einordnen können . Direkte Kommunikation einüben lernen, Bedürfnisse verbal artikulieren . Selbsteinschätzung vornehmen können (Stärken, Schwächen, Grenzen) . Konfliktlösung suchen, die beide Seiten berücksichtigt . Eigene Sexualität wahrnehmen, einordnen und ausdrücken lernen . Trauern zulassen und durchgehen

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Dienstag, März 03, 2015

Kokonisierung und Wachstum

Kokonisierung stammt eigentlich aus dem Tierreich und meint den Prozess des Einspinnens eines ungeschlüpften Insekts. Am besten ist es uns bei den Schmetterlingen bekannt. Aber ich möchte über menschliche Kokonisierung sprechen, über den Hang und den Zwang besonders Kinder und junge Menschen einzuwickeln und vor allen möglichen Gefahren zu schützen und vor schwierigen Erfahrungen zu bewahren. Sicher brauchen Menschen Schutz, aber schon aus der Pädagogik weiss man, dass Kinder auch schwere, anspruchsvolle Bewegungen ausführen sollten, um ihre Motorik auszubilden und zu trainieren. Ähnliches gilt für das Meistern von Aufgaben: Wer nie an seine Grenzen stösst, weiss gar nicht wo sie sind und wie sie zu weiten wären. Wer nie verliert, gibt vermutlich schneller auf. Gerade langandauernde Beziehungen und schwierige Umstände, denen wir nicht leicht ausweichen können, bieten Chancen zu persönlichem Wachstum und Lebensreife. Dies zu erkennen und zu realisieren ist nicht nur leicht, neigen wir doch alle dazu, Schwierigkeiten und Schmerzen zu vermeiden. Wir sind - die einen mehr und die andern weniger - so richtige Lebenskünstler in Vermeidung. Wachstum ist oft nur mit Wachstumsschmerzen zu haben, und Reife wird mit einer starken Verwurzelung und richtigem Tiefgang erreicht.
Kletternder Affe in Hua Hin (Thailand)

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