Donnerstag, Januar 08, 2015

15: Divine Humanity (Göttliche Menschheit)

Arius (250-336) war ein Häretiker und hat das Nizäaische Konzil heraufbeschworen. Er hatte gemäss seiner alexandrinischer Philosophie Jesus nicht als ewigen Gott gesehen, sondern nur als Teilnehmer der göttlichen Natur. Für den Orthodoxen Hart aber wurde Gott Mensch, damit der Mensch göttlich werden konnte, denn nur Gott selbst könne uns mit Gott verbinden. Die Revolution des Christentums bestand darin, dass es die antike Zivilisation absorbieren und eine neue Moral, Spiritualität und Intellektualität hineinbringen konnte. Die Welt wurde demystifiziert und neu definiert, und alles bekam eine neue Ethik mit fast unbegrenzter Würde.
Schlussteil: Reaction and Retreat. Modernity and the eclipse of the Human (Reaktion und Rückzug. Moderne und die Verdunkelung des Menschlichen) Der Vorwurf der neuen Atheisten sei, dass Religion alles vergifte, was Hart gründlich und vor allem geschichtlich in Frage stellt. Er ist dagegen der Meinung, dass sich Sensation besser verkaufe als Sinn. Materialismus sei eine metaphysische Theorie der Realität. Als historische Kraft war Religion nie nur gut oder schlecht, aber sie hat die menschliche Natur in all ihren Dimensionen reflektiert (Seite 221). Weil Gottes Reich nicht von dieser Welt sei, habe die christliche Kultur nie eine Bewegung produziert, die Rettung durch politische Aktion (allein) wollte. Der Aufstieg der Wissenschaften sei keine Leistung des Rationalismus gewesen, weil er bereits früher begonnen habe. In der Spätscholastik kam dann der Voluntarismus als neue theologische Position auf, die zum Aufstieg des Frühkapitalismus, der Mittelklasse, des Bildungsbürgertums und des zunehmenden Wohlstands gut gepasst habe. Die nachreligiösen Versprechen von Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit waren begleitet von über 100 Millionen Toten. Hart befürchtet, dass das nachchristliche Zeitalter banal werden könnte. Viele Wissenschaftler klammern sich (zu sehr) an die empirischen Wissenschaften nicht nur als Quelle des Wissen und der Hypothesen, sondern (fälschlicherweise) als Schiedsrichter der Werte, der Moral und der metaphysischen Wahrheit.

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14: The Death and Birth of Words (Der Tod und die Geburt von Wörtern)

Der letzte gesamtrömische Kaiser Theodosius I (347-395) regierte 379 bis 395 und veränderte viel, was sich dogmatisch und institutionell - aus heutiger Sicht katastrophal - auf das Christentum auswirkte: ·380: Proklamation katholischer Glaube als offizielle Religion ·381: Verbot heidnischer Riten ·382 Umwandlung heidnischer Tempel in staatliche Museen ·385: Verbot heidnischer Traditionen ·389: Zerstörung heidnischer Tempel, Auflösung heidnischer Organisationen, Verbot Häretiker ·391: Ende Unterstützung heidnischer Feste und Bann auf Blutopfer ·392: Verbot Göttergaben, Opfer und Bilderanbetung ·393: Ende der olympischen Spiele Die (katholische) Kirche war zu seiner Zeit stärker als der römische Staat geworden, weil Transzendenz über Recht gestellt wurde. Daher musste sich Theodosius für den Mord an 7'000 Thessalonikern vor Ambros verantworten und diese Tat bereuen. Das Christentum bot nun umfassend eine persönliche Befreiung und Reinigung, eine einheitliche geistliche Kultur, eine wiederbelebte Zivilisation und moralische Erneuerung an. Das Christentum war zu einer Synthese aus Hellenismus und Judentum geworden (Seite 198; hier taucht plötzlich das Judentum auf, das sonst von Hart leider ausgeblendet wird und kaum eine Rolle spielt. Das wäre mein Hauptkritikpunkt an seinem Werk.)

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Sonntag, Januar 04, 2015

11: A Glorious Sadness (Eine herrliche Traurigkeit)

Hart benennt den spirituellen Ethos der Antike als eine Art von herrlicher Traurigkeit. Es sei ein geschlossenes System, bei dem der Kosmos ein fortwährendes Opfer darstelle, worin Götter und Tote bestimmte Plätze einnehmen und Menschen davon abhängig blieben. Es sei eine Oekonomie mit Zyklen der Schöpfung und der Zerstörung, der Ordnung und des Chaos, der Stabilität und der Gewalt und religiöser Transaktionen mit dem Tod. Die Götter nähmen unsere Opfer entgegen und gäben uns von ihrer Macht. Kapitel 12: A Liberating Message (Eine befreiende Botschaft) Das frühe Christentum war gegenüber dem Heidentum visionär und attraktiv, weil es den Zugang und Einbezug von Sklaven und Frauen im Gottesdienst und Gemeinde ermöglicht hatte. Barmherzigkeit, die konkrete Unterstützung aller Bedürftigen und Armen galt als wichtigste geistliche Aufgabe, wodurch schnell ein Netz der Wohltätigkeit entstanden war. Kapitel 13: The Face of the Faceless (Das Gesicht der Gesichtslosen) Die genaue Übersetzung des lateinischen Wortes „persona“ ist Maske und zeigt etwas vom römischen Menschenbild und Personenverständnis der damaligen Zeit. Die Gleichstellung der Menschen in der frühen Kirche hatte dagegen eine enorme subversive Kraft in der heidnischen Gesellschaft und hat eine moralische Revolution bewirkt. Das Feiern der Auferstehung Christi an Ostern war jeweils Höhepunkt des Jahres und hatte auch eine emanzipatorische Wirkung; denn Gott war zum Gesicht der Gesichtslosen geworden.

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8: Intolerance and War (Intoleranz und Krieg)

Gemäss Hart gerät oft in den Hintergrund, weshalb die Kreuzzüge durchgeführt wurden; (der erste wurde 1095 durch Papst Urban II (1035-1099) ausgerufen.) Die Jerusalem-Pilger sollten vor den herrschenden Seldschuken, dem sunnitischen Turkvolk, geschützt werden, und dem bedrängten Byzanz unter Alexius I (1081-1118) sollte geholfen werden. Generell liefen die Religionskriege der Neuzeit in Europa darauf hinaus, Territorien und Macht zu festigen. Je absoluter die Staaten wurden, desto totaler wurden die Kriege. Der Höhepunkt wurde im 20. Jahrhundert erreicht. Gleichzeitig wurden auch von Christen unterschiedlicher Konfessionen die Fundamente für die Menschenrechte (mit)entwickelt. Es waren dies besonders der spanische Dominikaner Francisco de Vitoria (1483-1546) und der reformierte Theologe und niederländische Jurist Hugo Grotius (1583-1645). Kapitel 9: An Age of Darkness (Ein Zeitalter der Dunkelheit) Der „Empirismus“ sei nicht erst in der Aufklärung, sondern bereits im Spätmittelalter entwickelt worden (Seite 100). Hart macht darauf aufmerksam, dass wir nicht überheblich sein sollten und denken, dass unsere Zeit und Kultur aufgeklärter sei als eine andere oder frühere. Materialismus sei kein Faktum von Experimenten oder ein Fazit von Logik, sondern es sei ein metaphysisches (Vor)Urteil, nichts mehr und irrationaler als vieles anderes (Seite 103); denn Vernunft sei eine unbeständige Sache. Wenn es je ein dunkles Zeitalter gegeben habe, dann sei es unseres (Seite 106): Eine Welt des Unglaubens werde dominiert von leeren und selbstbeweihräucherten Narzissten, die in Banalität, Selbstzufriedenheit, Konformität, Zynismus und Selbstbewunderung versinken. Dies entspreche dem letzten Menschen, wie ihn Nietzsche beschrieben habe. In der Moderne sei die Freiheit auf die Macht über die Natur zu herrschen reduziert worden. Wenn der Mensch nicht mehr als ein Geschöpf Gottes angeschaut werde, dann werde es möglich, die menschliche Zukunft mit beliebigen Idealen zu füllen: französische Revolutionsideen, sozialistische Eugenik, Nationalsozialismus und Stalinismus. Kapitel 10: The Great Rebellion (Die grosse Rebellion) Hart beschreibt hier, wie die Taufe im frühen Christentum durchgeführt wurde. Es war eine Demonstration, die den Herrschaftswechsel deutlich zum Ausdruck brachte. Es sei ein Mythos, dass Heiden (Polytheisten) toleranter als Monotheisten gewesen wären. Beispielsweise hörten Gladiatoren- und Arenakämpfe erst mit dem aufkommenden und dann vorherrschenden Christentum auf.

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