Sonntag, April 24, 2011

Sch'ma Israel

Höre (hebr. "sch’ma") Israel! JaHWeH, unser Gott, (ist) einzig ("echad")!

Dies ist das zentrale jüdische Glaubensbekenntnis, wie es in Deuteronomium Kapitel 6 Vers 4 überliefert worden ist. Kurz und knapp, aber bereits jedes einzelne Wort hat es eigentlich in sich, wieviel mehr das ganze Bekenntnis und seine Folgen:

"Höre": So fängt das Bekenntnis an, nicht mit reden oder bekennen! Mit einer passiven, empfangenden Haltung, nicht mit aktiven Handlungen. Dies ist einzigartig, denn wenn ich es richtig verstehe, waren die Gottheiten früher welche, die als Figuren angeschaut und angebetet wurden und denen aufwändige Opfer dargebracht werden mussten. Hören dagegen hat eine ganz andere Qualität, es ist viel mehr auf Aufmerksamkeit, Beziehung, Dialog und Nähe angelegt als das Sehen der Götterbilder. Und es hat einen endlosen Lernprozess in Gang gesetzt, in dem das jüdische Volk tief geprägt wurde und viele Denker und Forscher hervorgebracht hatte.

"Israel": Der Empfänger ist ein Volk, nicht nur ein Individuum. Die kollektive Identität ist wichtiger und wird der individuellen vorgezogen. Aber Israel war und ist ein eher kleines Volk, kein grosses wie Aegypten und Babylon. Israel konnte (und kann) sich kaum auf eigene Stärke und Macht verlassen, um zu überleben. Gott sucht eher Menschen und Völker, die nicht ihre eigene Stärke in der Vordergrund stellen, sondern die sich ihrer Kleinheit und Abhängigkeit bewusst sind.

"JaHWeH": ist der Gott Israels, wie er sich Mose beim Dornbusch in der Steppe Sinais offenbart hat. JaHWeH ist mehr als ein Name, er ist die (geheimnisvolle) Gegenwart von Zuverlässigkeit, Unverfügbarkeit, Ausschliesslichkeit und Unbegrenztheit, die den Gott Israels ausmachen. Er ist einfach da, für sie, für uns und auch für mich. Wir dürfen ihn so anrufen, er steht uns jederzeit zur Verfügung, bleibt aber unverfügbar! Wir sind nie mehr allein.

"einzig - echad": JaHWeH unser Gott ist einer; er ist der Einzige, der wirklich ist, der unerschaffen ist, der auf nichts zurückzuführen ist. Auf diese Einheit und Ausschliesslichkeit habe ich mich einzustellen und auszurichten. Es ist müssig, darüber zu philosophieren, wie Gott beschaffen ist und funktioniert, es übersteigt mein Denk- und Vorstellungsvermögen. Aber unser Herz ist so beschaffen, dass wir immer nur auf etwas fokussiert sein können. Das könnte vielleicht ein psychologischer Gotteshinweis sein. Entweder habe ich einen Gott oder es ist ein Götze, ein Idol, das an seine Stelle tritt und das ich anbete und verehre, wo ich meine Zeit und meine Energie hineinstecke (frei nach Wilfried Daim).

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Dienstag, April 12, 2011

Hauptunterschied in den Zehn Geboten: die Begründung des Schabbats

Die Zehn Gebote sind vielen von uns gut vertraut. Bis heute ist mir jedoch kaum aufgefallen, dass es einen bedeutsamen Unterschied gibt zwischen der ersten Version in Exodus 20 und der zweiten in Deuteronomium 5. Es geht um die Begründung des Schabbatgebots. In Exodus wird der Schabbat mit den sieben Schöpfungstagen Gottes begründet, in Deuteronomium hingegen mit Jahwes Befreiung von Israel aus Aegypten:

Exodus 20,8-11:
Gedenke (hebr."zakor") des Feiertags, (um) ihn zu heiligen ("l’qadd’scho").
Sechs Tage sollst du arbeiten, und du sollst alle deine Arbeit tun.
Aber der siebte Tag (ist) Feier ("schabat") von JHWH, deinem Gott. (Dann) sollst du nicht verrichten irgendeine Arbeit ("m’lakah-kal"), du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und dein Schutzbürger, der innerhalb deiner Tore (lebt).
Denn sechs Tage machte JHWH die Himmel und die Erde, das Meer samt allem, was darin (ist). Aber am siebten Tag ruhte er; ausserdem segnete JHWH den Tag der Feier, und er heiligte ihn.

Deuteronomium 5,12-15:
Wahre (hebr. "schamor") den Feiertag ("yom ha-schabat" um) ihn zu heiligen, so wie dich JHWH, dein Gott, angewiesen ("ziww’ka" hat):
Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Werke tun.
Aber der siebte Tag (ist) Feier von JHWH, deinem Gott. Kein Werk ("m’lakah-kal") darfst du verrichten, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und dein Ochs und dein Esel und all dein Vieh und dein Gast, der innerhalb deiner Tore (ist). Damit sich dein Knecht und deine Magd ausruhen können so wie du ("kamoka").
Und du gedenkst ("zakar’ta"), dass du Knecht gewesen (bist) im Land Aegypten, dass dich JHWH, dein Gott, von dort mit starker Hand ("ch’zaqah yad") und gerecktem Arm ("biz’roa n’tuyah") herausgeführt (hat). Deswegen wies dich JHWH, dein Gott, an, den Feiertag zu begehen.

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Sonntag, April 03, 2011

Ich bin Jahwe dein Gott

"Ich bin JaHWeH, dein Gott, der dich aus dem Land Aegypten herausgeführt hat, aus dem Haus der Knechtschaft. Nicht soll bei dir ein anderer Elohim sein vor meinem Angesicht!"

So stehen diese zentralen Aussagen in der Hebräischen Bibel in Exodus 20,2 und Deuteronomium 5,6. Für mich sind das starke Worte mit grosser Wirkung. Es ist die Aussage des Alten Testaments, in der Gottes Sein und seine Befreiung Israels als grundlegende Tatsachen dargelegt aber nicht erklärt werden. Nicht Gott als Schöpfer ist die wichtigste Eigenschaft, sondern Jahwe als Befreier (aus Ohnmacht und Unterdrückung). Gottes Geschichte mit dem Volk Israel ist wörtlich und bildlich zu verstehen: Wörtlich als historisches Ereignis und bildlich als Vorbild für Gottes Wirken an uns Menschen gestern, heute und auch in Zukunft. Gott ist ein Gott, der befreit und herausführt aus dämonischer, systemischer und menschlicher Macht, und seien diese Mächte noch so gross und subtil. Gott ist ein Gott, der aufs Ganze geht und volles Vertrauen will und deshalb keine andern Idole akzeptieren kann. Nur diese ausschliessliche Bindung an den Gott Israels führt letztlich in eine echte Freiheit.

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