Sonntag, Juni 28, 2009

Rembrandt


Der berühmte holländische Maler bekannt mit dem Namen Rembrandt hiess eigentlich Harmenszoon van Rijn. Er wurde 1606 als 8. von neun Kinder in der holländischen Stadt Leiden geboren. Sein Vater war Müller und der junge Rembrandt durfte als einziger der Familie die calvinistische Lateinschule und danach die Universität besuchen. Dort begann er die alten Sprachen zu lernen. Doch er brach sein Studium bald wieder ab und trat als Kunstmalerlehrling bei Jacob Isaacsz van Swanenburgh ein. Danach arbeitete er beim berühmten Historienmaler Pieter Lastman in Amsterdam. (Amsterdam entwickelte sich damals zu einer der weltweit wichtigsten Handelsstädte, eingewanderte Juden aus Portugal und Spanien hatten wesentlichen Anteil daran. Holland gehörte noch bis 1648 zum mächtigen Königreich Spanien, befand sich aber schon lange in einem anhaltenden Unabhängigkeitskrieg.)
Bereits mit 19 Jahren gründete er eine eigene Werkstatt mit seinem Freund Jan Lievens in Leiden. Er malte Historienbilder, Selbstportraits, Stiche und Radierungen. Aus dieser Zeit ist auch das früheste erhaltene Gemälde bekannt: „Die Steinigung des Stephanus“. Schon mit 23 Jahren stellten sich erste Erfolge ein: der Graf Robert Kerr kaufte drei Bilder und schenkte sie dem englischen König. "Judas bringt die dreissig Silberlinge zurück" und "die Auferweckung des Lazarus" werden gar mehrfach "kopiert" und in Rembrandts Atelier sind Lehrlinge und Mitarbeiter tätig.
Mit 25 Jahren siedelte er erneut nach Amsterdam über, wo er im Haus des Kunsthändlers Hendrik Uylenburgh Platz fand. Er malte Portraits für wohlhabende Patrizier und war auch sonst sehr produktiv. Das Gruppenporträt „Die Anatomie des Dr. Tulp“ entsteht. Mit 28 Jahren heiratete er Saskia van Uylenburgh, die aus einem wohlhabenden, reformierten Patrizierhaus stammte. Rembrandt befand sich nun im steilen gesellschaftlichen Aufstieg, was seinen Charakter sehr prägte und verformte: er wurde stolz, frech, eingebildet und selbstzufrieden. Er begann, protzig, luxeriös und verschwenderisch zu leben. (Calvinistische Patrizier und Händler gehörten zur führenden und wohlhabenden Gesellschaftsschicht in Holland; Juden, Katholiken und Täufer wurden toleriert, waren aber eher am gesellschaftlichen Rand angesiedelt.)
Rembrandt trat der Lukasgilde bei, um als Meister Lehrlinge ausbilden zu können. Ganze acht Schüler arbeiteten nun in seiner Werkstatt. Mit 29 Jahren wurde er Vater, sein erster Sohn Rumbertus kam auf die Welt, starb jedoch nach wenigen Monaten. Mit 30 Jahren begann er mit Kunst zu handeln und sie auch zu sammeln, zusätzlich gehörten historische und wissenschaftliche Objekte zu seiner umfangreichen Sammlung. Als 32 Jähriger wurde er wieder Vater der Tochter Cornelia, die aber auch nach kurzer Zeit starb. Zwei Jahre später erhielt das Paar nochmals eine Tochter mit gleichem Namen, jedoch auch dieses Mädchen starb bald. Kurz zuvor erwarb Rembrandt ein Haus in der Breestraat. In dieser Zeit begann Rembrandt Landschaften zu malen und zu stechen. 1641 kam dann sein zweiter Sohn mit dem Namen Titus zur Welt. Ein Jahr später vollendete er das Gemälde, da unter dem Namen „die Nachtwache“ bekannt geworden ist.

Dann schlugen erste Schicksalsschläge über ihn herein, die in seinem Werk deutlich zum Ausdruck kamen: 1642 starb seine geliebte Frau Saskia und Rembrandt geriet in eine grosse Lebens- und Existenzkrise, arbeitete jedoch weiter. In der Folge verloren seine Bilder allmählich die damals vorherrschende barocke Bewegtheit, Dramatik, Repräsentation und Ueberheblichkeit, gewannen aber dafür viel an Dichte, Tiefe, Zerbrechlichkeit und biblischem Inhalt. So beutete er die biblischen Geschichten nicht mehr nur für neue Bildideen aus, sondern wurde zum Erzähler und Ausleger der Bibel. Er begann mit seiner berühmtesten Radierung "Das Hundertguldenblatt", der Name geht auf den hohen Preis zurück. Inhaltlich umfasste sie Szenen mit Jesus in der Mitte, der von leidenden Menschen umgeben ist, wie sie im Matthäusevangelium Kapitel 19 beschrieben sind. Noch waren seine Grafiken beliebt und sie wurden auch häufig kopiert, was damals übliche Praxis war. Trotz vieler Aufträge kam er aber nicht mehr aus seinen selbstverschuldeten finanziellen Problemen heraus.
Er lebte nun mit Geertje Dircx, die bei ihm als Haushälterin und Kinderpflegerin arbeitete, und seinem Sohn zusammen. Diese verklagte ihn später wegen nicht eingehaltenem Eheversprechen, bekam jedoch nicht Recht und musste sogar ins Zuchthaus. Aus finanziellen und erbrechtlichen Gründen konnte er Hendrickje Stoffels, seine zweite Haushälterin, offiziell und kirchlich nicht heiraten. 1654 bekam er von ihr eine Tochter, die wiederum Cornelia genannt wurde. Hendrickje wurde deswegen vom Amsterdamer Kirchenrat wegen unzüchtigem Zusammenleben mit Rembrandt gemassregelt.
Zwei Jahr später, 1656 wurde Rembrandt für zahlungsunfähig erklärt, weil er seine vielen Geldschulden, die er bei Freunden immer wieder gemacht hatte, nicht mehr zurückzahlen konnte. Das Haus in Amsterdam wurde vorher auf seinen Sohn Titus überschrieben. 1657 wurden Haus und Sammlung versteigert, doch nicht alle Schulden konnten damit getilgt werden. Rembrandt musste umziehen in die bescheidenere Roozengracht. Viele angesehene Leute zogen sich von ihm zurück, er wurde geächtet, so dass ihm vorwiegend mennonitische und jüdische Freunde verblieben. Sein Leben wurde nun zurückgezogener, einsamer und abgeschiedener. 1660 stellten ihn sein Sohn Titus und seine Frau Hendrickje in ihrer Kunsthandlung an. So konnte er wieder Aufträge übernehmen und Schüler beschäftigen. Drei Jahre später starb auch seine Haushälterin und Geliebte Hendrickje. 1665 wurde sein Sohn Titus volljährig und erhielt sein Erbe aus der ehemaligen Konkursmasse. Doch Titus starb bereits drei Jahre später, nachdem er erst ein halbes Jahr verheiratet gewesen war. Rembrandt konnte nun bei seiner Schwiegertochter leben und wurde Pate seines ersten und einzigen Enkelkindes Titia. Im folgenden Jahr 1669 starb er mit 63 Jahren. Aus der eigenen Familie überlebte ihn nur seine Tochter Cornelia, bei der er zuletzt gelebt hatte. Eines seiner tiefgründigsten Bilder "Simeon im Tempel" war im Entstehen begriffen. Man nimmt an, dass ein Schüler es in seiner Werkstatt vollendet hatte. (Das gleiche Vorgehen wird auch bei "Die Heimkehr des verlorenen Sohnes" angenommen. Es war damals üblich, das der Meister die Komposition festlegte und nur die wichtigsten Teile eines so grossen Gemäldes auch selber malte. Vorbereitungsarbeiten und grosse Flächen wurden von Schülern oder Gesellen ausgeführt.)

Rembrandt hatte eine immense Schaffenskraft und hinterliess insgesamt ungefähr 650 Gemälde, 300 Radierungen und 1400 Zeichnungen. 145 Gemälde, 70 Radierungen und 575 Zeichnungen basieren auf biblischen Themen und Geschichten. Vor allem in seiner zweiten Lebenshälfte gab er wieder, was er selber gesehen, gehört und verstanden hatte: Gott wurde in Jesus Christus ganz Mensch. Er erniedrigte sich und wurde zerbrechlich und unscheinbar wie jeder andere auch, aber er heilte und lehrte mit Vollmacht. Weitere wichtige Themen waren die Versuchung Jesu, die Begegnung einzelner Menschen mit Gott und Maria als ganz normale Frau. Er stellte sein Talent in den Dienst Gottes und machte mit seinen Hell-Dunkel-Kontrasten Unsagbares, Unbeschreibbares, Verborgenes und die übernatürliche Ruhe und Autorität Jesu ein Stück weit sichtbar.

(Meine wichtigste Quellen waren: Henri J. M. Nouwen: Nimm sein Bild in dein Herz. Herder Freiburg 1991. Christian Tümpel: Rembrandt. Rowohlt Hamburg 1977. Ueberarbeitete Neuausgabe 2006. W. A.Visser't Hooft: Rembrandts Weg zum Evangelium. Zwingli-Verlag Zürich 1955)

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Mittwoch, Juni 10, 2009

Resilienz


Ein neuer Begriff macht die Runde: „Resilienz“. Dieser war ursprünglich in der Technik gebräuchlich und bedeutet Flexibilität und Elastizität. Beim Menschen wird er verwendet für psychische Widerstandskraft ohne zu verhärten gemäss Dr. Samuel Pfeifer in der Zeitschrift „diakonie“ 04.2008.
Bereits vor über zwanzig Jahren ging der israelische Soziologe Dr. Aaron Antonovsky der Frage nach, was Menschen gesund hält (und nicht was sie krank macht) und begründete damit die „Salutogenese“. Er stellte in Forschungen fest, dass erstaunlich viele Frauen, die den Holocaust überlebt hatten, auch die Menopause gut meisterten. Diesen Zusammenhang nannte er „Kohärenz“, genauer ist es:

· die Fähigkeit, Zusammenhänge des Lebens zu verstehen

· die Ueberzeugung, das eigene Leben gestalten zu können und

· der Glaube, dass das Leben einen Sinn hat.

Er hat 1987 zehn Faktoren bestimmt, die Menschen in schwierigen Lebensumständen schützen und ihnen zu Widerstandskraft verhelfen:

1. Stabile emotionale Beziehung zu einem Elternteil oder Bezugsperson

2. Soziale Unterstützung innerhalb und ausserhalb der Familie (Nachbarn, Lehrer oder Gleichaltrige)

3. Emotional warmes, offenes, strukturierendes und Norm orientiertes Erziehungsklima

4. Soziale Modelle, die zu konstruktiver Lebensbewältigung ermutigen (Elternhaus, Schule, Kirchgemeinde, Jugendgruppe, etc.)

5. Soziale Verantwortlichkeit (z.B. Sorge für Verwandte oder Freunde) und Leistungsanforderungen (z.B. Pflichten in Familie, Schule oder Arbeitsplatz)

6. Kognitive Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, durchschnittliche Intelligenz und realistische Zukunftsplanung

7. Temperamentseigenschaften, die effektive Problembewältigung begünstigen wie Flexibilität, Annäherungsverhalten und Impulskontrolle

8. Erfahrungen von Selbstwirksamkeit, Ueberzeugungen, Selbstvertrauen und positives Selbstbild

9. Aktive Lösungssuche bei Problemen

10. Glaube: Erfahrung von Sinn, Struktur und Bedeutung in der eigenen Entwicklung


“Resilienz bedeutet, den Glauben nicht aufzugeben –
trotz unerfüllter Wünsche und offener Fragen an Gott.
Resilienz bedeutet, die Liebe nicht aufzugeben –
trotz erfahrener Lieblosigkeit und Ungerechtigkeit.
Resilienz bedeutet, die Hoffnung nicht aufzugeben –
trotz schier unüberwindbarer Hindernisse und Widerstände.
Resilienz brauchen wir alle.“ Dr. Samuel Pfeifer

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Mittwoch, Juni 03, 2009

Wurzelsünde



Letzte Woche habe ich zusammen mit Ruth Maria Michel den vierten Enneagrammkurs geleitet. 19 Teilnehmende haben ihn besucht, das ist doch beachtlich für den Monat Mai. Es ist sinnstiftend, Menschen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten, ihnen besseren Zugang und Orientierung mit ihren Lebensmustern zu verschaffen. Ziel ist es, sich besser kennen zu lernen und stärker auf Gott ausgerichtet zu werden. Dazu gehört auch die Tiefendimension der eigenen Sünde zu erkennen, die sogenannte "Wurzelsünde". Es ist einfach zu wenig zuzugeben, dass ich ein Sünder bin, denn das ändert noch nicht viel in der Nachfolge Christi, sondern es hat etwas Konservierendes an sich. Das ist höchstens ein Anfang. Auch ist wenig gewonnen, die Sünden zu moralisieren, denn so bleibe ich an der Oberfläche und werde ein Pharisäer. Deshalb gefällt mir der Begriff "Wurzelsünde", den Richard Rohr geprägt hat. Denn er bedeutet die radikale Trennung von Gott, von usneren Mitmenschen und von uns selbst. Ich bin gott-los, setze mich, andere Personen oder Dinge absolut, an die Stelle Gottes, des Absoluten. Das ist die eigentliche Sünde, die wir zu oft nicht sehen und wahrhaben wollen. Diese Haltung manifestiert sich konkret in:
- Zorn (Aerger, Wut, oft versteckt)
- Stolz (oft verdeckt)
- Lüge (Betrug, Täuschung)
- Neid (Vergleichsucht)
- Habsucht (Geiz, auch imatriell)
- Furcht (Angst, zwanghaft)
- Masslosigkeit (Genusssucht)
- Respektlosigkeit (Grenzüberschreitung)
- Faulheit (Trägheit)


Es ist zuerst schmerzhaft, aber letztlich wohltuend, sich diesen Fallen, Neigungen und Schlagseiten zu stellen. Denn Sünde ist schlussendlich Zwang und Wahrheit führt in die Freiheit. Schon Jesus hat gesagt: "Wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht... die Wahrheit wird euch frei machen" (Johannesevangelium 8,32+34)

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