Samstag, April 02, 2022

Afrika wird arm regiert.

Das ist der Titel eines Werks des von Volker Seitz, das 2009 in München unter der ISBN 978-3-423-34939-0 erschienen ist. Seitz ist ein pensionierter deutscher Diplomat, der in verschiedenen Ländern Afrikas als Botschafter gearbeitet hat. Aus diesem grossen Erfahrungsschatz hat er ein Buch verfasst, worin er seine Erfahrungen verarbeitet und seine wichtigen Erkenntnisse weitergibt. Und diese sind nicht gerade schmeichelhaft für westliche und afrikanische Politiker, Organisationen und Entwicklungshelfer, aber sie sind meiner Meinung nach gut begründet und daher bedenkenswert. Er vertritt zuerst die These, dass nicht der Kolonialismus die Ursache des heutigen Elends ist (S. 34). Die Versklavungen und die Kolonialisierung (1880-1960) waren zweifellos Verbrechen. Aber in der Gegenwart plündern vor allem afrikanische Herrscher ihren Kontinent und verhindern damit einen grossen Teil der Entwicklung. Denn Afrikaner behandeln ihre Landsleute nicht selten schlecht! So waren Länder wie Ghana 1957 bei der Unabhängigkeit mit Spanien gleichauf dank guter kolonialer Infrastruktur und dem Export von Kakao. Zwischen Mauretanien und Sudan gibt es noch heute Sklaven, die einem afrikanischen Machthaber oder einer reichen muslimischen Familie gehören, und es scheint kaum jemanden zu kümmern. Afrika hat bekanntlich ein grosses Potenzial an Bodenschätzen, Landwirtschaftsprodukten und auch Tourismusdestinationen. Aber es fehlt oft an guter Regierungsführung, effizienter Verwaltung, Rechtssicherheit und gerechter Steuerpolitik. Diese Diskrepanz muss die westliche Politik und Entwicklungshilfe kennen; ansonsten hilft sie, unvollständige staatliche Strukturen und schlechte Praktiken zu stabilisieren und auszugleichen. Oft sind Geldspritzen an staatliche Stellen keine gute Lösung, weil sie Kreativität und Eigeninitiative der Empfänger reduzieren und einschränken. Zwar fordern einige afrikanische Regierungen recht schnell mit eindringlichen Parolen und gekonnten Inszenierungen Finanzhilfen, aber die gewährten Mittel begünstigen eher die Korruption in diesen Staaten, weil unabhängige Kontrollinstanzen fehlen. Manchmal werden auch sinnlose und umweltschädliche Projekte realisiert, und niemand wird dafür zur Rechenschaft und Verantwortung gezogen. Auch ein bedingungsloser Schuldenerlass ist meist unverantwortlich und entwicklungshemmend. Nur der Einsatz von Privatkapital, die Produktion von Gütern und der Handel können wirkliches Wachstum und eine positive Entwicklung ankurbeln. Die westliche Entwicklungshilfe, obwohl sie sich nun Entwicklungszusammenarbeit nennt, ist immer noch zu stark von einer Sozialhilfementalität geprägt. Sie suggeriert Gleichberechtigung, aber schafft und zementiert neue Abhängigkeiten von den nördlichen Gebern zu den südlichen Empfängern. Es gibt in Afrika bis zu 40'000 Organisationen für Entwicklungshilfe, einge hundert pro Staat. Jede Organisation unterhält oft einen riesengrossen Apparat an lokalen Mitarbeitenden, Häusern, Einrichtungen und Fahrzeugen. Der Entwicklungshilfe fehlen weitgehend Wirksamkeits- und Erfolgskontrollen mit Konsequenzen und allfälligen Sanktionen. Nur gerade 0.03 Prozent statt die notwendigen 2% der Mittel werden fürs Controlling eingesetzt. Reiche Personen in Afrika sind meistens nicht Unternehmer vor Ort, sondern Günstlinge und Profiteure eines Regimes. Afrikaner fühlen sich in erster Linie der Familie, dann dem Clan und der Ethnie und erst zuletzt ihrem Staat verpflichtet. Individuelle Freiheit und Verantwortung kommen deutlich nach den kollektiven Interessen und Verpflichtungen, die zwar vordergründig und oberflächlich als Gemeinschaft und Solidarität ausgegeben und bezeichnet werden. Bei der Gewährung von Entwicklungs- und Finanzhilfe sind folgende Themen genau zu beachten: •Einhaltung der Menschenrechte •Gewährung von Rechtssicherheit •Beteiligung der Bevölkerung an den politischen Prozessen •Stärkung der sozialen Marktwirtschaft •Förderung eines entwicklungsorientierten Staates. Regierungen sollten folgende Aufgaben erfüllen und daran gemessen werden: •Schul- und Berufsbildung aufbauen und gewährleisten •Rechtssicherheit einschliesslich Eigentumsrechte gewährleisten •Infrastruktur einschliesslich Wasser- und Stromversorgung aufbauen und sicherstellen.
Strassenszene in Guinea-Conakry

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