Sonntag, Dezember 20, 2015

Vishal Mangalwadi: Die biblische Wertschätzung der Arbeit und ihre Folgen

Mangalwadi hält fest: Alle Religionen ausser das Judentum und das Christentum verachten körperliche Arbeit und deswegen auch weitgehend die damit einhergehende Technik. Viele lebten zur Ehre des Herrschers und nicht zur Ehre Gottes. Deshalb kritisierten bereits Thomas von Aquin, Bernhard von Clairvaux, John Salisbury und Jakob von Vitay das Ritterwesen, weil es keine biblische Grundlage habe. Der Engländer John Wyclif (1330-1384), Pfarrer in Lutterworth und Professor in Oxford, proklamierte als einer der ersten, dass alles unter der Autorität der Schrift – gemeint ist die Bibel – stehe. William Tyndale (1492-1536) übersetzte verbotenerweise die Bibel ins Englische, wofür er sogar zum Märtyrer wurde. Seine Anmerkungen fanden Platz in der englischen Geneva-Bibel von 1560, die egalitärer übersetzt war als die spätere King-James-Bibel von 1611, die autorisiert wurde. Die Bibel hatte massgeblichen Einfluss auf die englische Literatur, sie wurde zur Quelle der kulturellen Autorität, eine Ablehnung mündete jeweils in moralische Anarchie und intellektuellen Rückstand. . . . . . . . . Obwohl bereits die Griechen Beobachtungen anstellten, machten sie keine Modelle und Verifizierungen. So geht die Wissenschaft weitgehend auf die mittelalterliche biblische Theologie zurück, weil sich die Bibel mit realen Problemen in einer fassbaren Welt beschäftigt. Wilhelm von Okham (1285-1349) gilt als Begründer der Naturgesetze, Francis Bacon (1561-1626) und Galileo Galilei (1564-1642) entwickelten wissenschaftliche Methoden, bei denen Empirie wichtiger waren als Logik. Und Isaac Newton (1642-1727) formulierte das Gesetz der Schwerkraft. 50 von 52 Pionieren der wissenschaftlichen Revolution waren Christen, weil sie die Bibel als Grundlagenbuch betrachteten und zur Ehre Gottes wirken wollten (nach Elaine Howard Ecklund). Der Darwinismus war einst eine plausible und brillante Theorie, entwickelte sich jedoch zu einer arroganten Doktrin, in der Makroevolution als Tatsache dargestellt wird (laut Rodney Stark). Der Islam verfolgte wiederum einen etwas andern Weg und kam durch die Ostkirche – im speziellen durch die Nestorianer - zu griechischem Wissen und wurde dadurch auch pantheistisch, zyklisch, animistisch und magisch beeinflusst. Avicenna (980-1037) und Ibn Rushd (mit westlichem Namen Averroës) galten als Jünger von Aristoteles. . . . . . . . . Im spätmittelalterlichen Indien herrschten die Mogule, sie beuteten das Volk aus. Das führte 1631 zu einer schweren Hungersnot. 1757-1770 wurde Bengalen durch die Briten kolonisiert, was Chaos und Korruption anschwellen liess. Die zeitgleiche Hungernot ist jedoch eher dem Mangel an Monsunregen zuzuschreiben. Anfangs der Kolonialzeit war christliche Mission in Indien verboten. Etwas später schufen die britischen Bibelübersetzer (und Pastoren) Henry Martyn (1781-1812) die neue Sprache Urdu; John Borthwick Gilchrist (1759-1841) Hindustani und S. H. Kellog Hindi. Der Inder Radscha Ram Mohan Roy (1772-1833) forderte dagegen, Englisch als Nationalsprache einzusetzen. Sie und weitere britische Pastoren, Missionare, Beamte und Unternehmer halfen mit, Indien eine neue nationale Identität zu geben. . . . . . . . . Der Brite John Wesley (1703-1791) erlebte 1738 in einem Gottesdienst der Herrnhuter Brüdergemeine eine Umkehr, ein Jahr danach begann er zu predigen, weil George Whitefield ihn dazu ermutigte. Trotz Anfeindungen predigte er etwa 45'000 Mal bis zu seinem Tod, er setzte sich auch gegen Sklaverei, für bessere Arbeitsbedingungen und für mehr Bildung ein. Dadurch bewirkte er und seine methodistischen Nachfolger enorme soziale Verbesserungen in England und weltweit (gemäss Ian Bradley und Donald Drew). Auch Monogamie war ein typischer christlicher Gedanke, der Werte wie Würde, Vertrauen und Freiheit verbindet; er fand im 19. Jahrhundert durch westliche Missionare weltweite Verbreitung. Bis in die 1980er Jahre waren die USA eine von wenigen Nationen der Welt, deren öffentliches Gewissen stark von biblischen Masstäben geprägt war. Dadurch waren Politiker gezwungen, bei publik gewordener Untreue und Betrug zurückzutreten. . . . . . . . . Nachvollziehbar und sehr lehrreich beschreibt Mangalwadi im Kapitel Gesunde Wege zu Reichtum anhand bestimmter Beispiele aus der Geschichte. Der Franziskanermönch Fra Luca Bartolomeo de Pacioli (1446-1517) erfand die doppelte Buchführung, und er legte damit einen wesentlich Grundstein zu wirtschaftlicher Planung, Wachstum und Gewinnfeststellung. Viel später, 1851 an der Weltausstellung im Kristallpalast in London, waren die USA dort mit unscheinbaren, aber effizienten Mähmaschinen mit Pferdebespannung von Cyrus McCormick und Obed Hussey vertreten, die bis zu 40 Morgen Mähleistung pro Tag schafften. Beruf und Arbeit waren für den Presbyterianer und Quäker Gebot Gottes. Zudem galt es die beschwerliche Handarbeit durch Maschinen zu erleichtern. Sie führten ehrliche Werbung ein, indem sie Kunden berichten liessen, und faire Zahlungsfristen, die das Einbringen der Ernte berücksichtigten. Die Bibel inspirierte und befähigte diese Erfinder und viele weitere Menschen, sich Sparen und Investieren zur Gewohnheit zu machen durch gute Haushalterschaft (englisch: Steward). Auf Seite 452 schreibt Mangalwadi: „Wenn ein Schuhmacher beschliesst, seine Schuhe zur Ehre Gottes herzustellen, dann verwendet er kein schlechtes Material, und er schlampt auch nicht bei der Verarbeitung, sondern er strebt hohe Qualität an. Integrität ist nicht etwas, was Menschen von Natur aus oder durch Verdienst haben. Eine Wirtschaft und Gesellschaft bricht zusammen, wenn die geistlichen Ressourcen fehlen, die Grundlage dieses Vertrauens waren.“

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Samstag, Dezember 19, 2015

Vishal Mangalwadi: Das Buch der Mitte

Wie wir wurden, was wir sind: Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur. Das ist der Untertitel dieses lehrreichen Buchs von Vishal Mangalwadi, das 2014 im Fontis-Verlag Basel 2014 unter der ISB-Nummer 978-3-03848-004-4 erschienen ist. Der Originaltitel von 2011 lautete: The Book that Made Your World: How the Bible Created the Soul of Western Civilization. Zuerst etwas zum Autor: Der Inder Vishal Mangalwadi wurde 1949 im ländlichen Nordindien geboren und studierte 1967-1969 an der Universität von Allahabad Philosophie. 1971-1973 studierte er in Indore weiter, wo er 1973 seinen Master in Philosophie erwarb. Danach besuchte er hinduistische Aschrams und L’Abri Fellowship von Francis Schaeffer in der Schweiz. 1976 zogen seine Frau und er in die Farm seines Vaters im Dorf Gatheora im Bezirk Chhatarpur. Sie gründeten eine gemeinnützige Organisation zur ganzheitlichen Unterstützung und Befreiung der Armen auf dem Land. Weil dies der Kastenzugehörigkeit und der feudalen Gesellschaftsordnung entgegenstand, stiess ihre Arbeit auf heftigen Widerstand. So kam er 1980 kurz ins Gefängnis von Tikamgarh, 1984 wurde auch ihre Organisationszentrale niedergebrannt. Im gleichen Jahr wurde er zum Chef der Bauernkommission der Janata Party ernannt. 1987 initierte er eine nationale Bewegung gegen die Wiederbelebung der Witwenverbrennung. 1988-1994 arbeitete er als Assistent von Kanshi Ram, dem Gründer der Bahujan Samaj Party. Seit 1996 hält er weltweit Vorlesungen. 1999-2000 verbrachte er mit seiner Frau in der Bibliothek der Universität Cambridge, um die Rolle der Bibel beim Aufstieg der westlichen Kultur zu erforschen. 2003 erhielt er von der juristischen Fakultät der William Carey International Universität in Pasadena, Kalifornien, einen Doktortitel. 2009 veröffentlichte er in der US-amerikanischen Ausgabe von Truth and Transformation (deutsch: Wahrheit und Veränderung), dass die lokalen Kirchen in der ganzen Welt als Zentren des Lernens dienen und gebührenfreie, internetunterstützte Ausbildungen anbieten sollten. 2010 begann ein Pilotprojekt in Indonesien. Seit 2013 arbeitet er als Honorarprofessor für angewandte Theologie an der theologischen Fakultät des Sam Higginbottom Institut für Agrikultur, Technologie und Wissenschaft in Allahabad. . . . . . . . . . . . Zum Buch: Es beginnt mit der kurzen, tragischen Geschichte von Kurt Cobain, dem Leadsänger und Gitarrist der Rockband Nirvana, der 1994 Suizid verübte, vermutlich weil er vom Nihilismus geprägt war und sein Leben als sinnlos empfunden hat. Bereits Friedrich Nietzsche (1844-1900) hatte den Tod Gottes propagiert, der in seiner Konsequenz auch den Tod der menschlichen Seele beinhaltete, was wir hundert Jahre später im Westen nun teilweise erleben. Die Sichtweise auf das Leben war nicht immer so gewesen: Augustinus (354-430) hatte aufgrund seines christlichen Glaubens den Menschen als Körper, Seele und Geist definiert und beschrieben und war dadurch auch zum Wegbereiter für ein neues Musikverständnis geworden. Martin Luther hat dieses Musikverständnis vom Kloster unter das Volk gebracht. Der begabte und gebildete Johann Sebastian Bach (1685-1750) komponierte auf dieser Grundlage geniale Werke trotz Grausamkeit und Leid in seinem Leben. Das sind Beispiele, die den Einfluss der Bibel auf die westliche Kultur andeuten. Auch andere Arbeits- und Lebensbereiche wurden schon früh im Westen bearbeitet und vertieft, dabei spielten christliche Mönche in den Klöstern eine herausragende Rolle: ·Gregor von Tours (538-594) erfand die Wassermühle ·Johannes von Damaskus (676-749) betonte, dass die Vernunft die Quelle der Erkenntnis sei ·Der Philosoph Pico della Mirandola (1463-1494) schrieb 1486 ein Buch über die Würde des Menschen ·Bernhard von Clairvaux (1090-1153) schrieb nicht nur Geistliches, sondern interessierte sich wie seine Zeitgenossen auch für Technik und Handwerk ·Wilhelm von Auvergne (1228-1249) war Bischof von Paris und erfand die mechanische Uhr, um gemeinsame Gebetszeiten besser regeln zu können ·Brillengläser wurden 1280 in Pisa oder Lucca erfunden, damit Mönche besser Bibel lesen konnten

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