Gebete von Augustinus
Augustinus, der 354-430 nach Christus gelebt hat, war ein grosser Gottsucher und Menschenkenner. Er hat heute einen eher zweifelhaften Ruf wegen seiner Nähe zu Platon und der damit verbundenen Körper- und Lustfeindlichkeit. Aber seine Gebete sind trotzdem etwas vom schönsten und tiefsten, das es gibt:
Christus, dein Licht verklärt unsre Schatten,
lasse nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht!
Christus, dein Licht erstrahlt auf der Erde,
und du sagst uns: Auch ihr seid das Licht!
Gross bist du, Herr...
Denn geschaffen hast du uns zu dir,
und ruhelos ist unser Herz,
bis dass es seine Ruhe hat in dir.
Du hast gerufen, geschrieen und meine Taubheit übertönt.
Du hast geleuchtet, gelodert und meine Blindheit überstrahlt.
Du hast deinen Duft verbreitet, ich habe einen tiefen Atemzug genommen,
und jetzt lechze ich nach dir.
Ich habe dich geschmeckt,
und jetzt habe ich Hunger und Durst.
Du hast mich berührt,
und jetzt brennt in mir das Verlangen nach deinem Frieden.
Herr, mein Gott,
du kennst meine Kraft, hilf meiner Schwachheit auf.
Bist du mir Stärke, so bin ich wahrhaft stark.
Verlasse ich mich auf eigene Kraft, so bin ich kraftlos.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
Meine ganze Hoffnung ruht auf deinem Erbarmen.
Herr, mein Gott, Du, die eine Hoffnung, die ich habe,
erhöre mich, dass ich nicht müde werde, nach Dir zu fragen,
sondern allzeit brennend nach Deinem Antlitz suche.
Gib Du mir Kraft, nach Dir zu fragen,
denn Du liessest Dich finden und gabst mir Hoffnung,
Dich immer mehr zu finden.
Vor Dir ist meine Stärke, vor Dir ist meine Schwachheit.
Jene bewahre, dieser hilf auf.
Vor Dir ist mein Wissen, vor Dir ist mein Unwissen.
Wo Du mir auftust, nimm mich auf, wenn ich eintrete.
Wo Du verschlossen hältst, tu mir auf, wenn ich anklopfe.
Dich will ich im Sinn haben, Dich verstehen, Dich lieben.
Das alles mehre in mir, bis Du mich umgestaltest zur Vollendung.
Atme in mir, Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke.
Treibe mich, Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue.
Locke mich, Heiliger Geist, dass ich Heiliges liebe.
Stärke mich, Heiliger Geist, dass ich das Heilige behüte.
Hüte mich, Heiliger Geist, dass ich das Heilige nimmer verliere.
Labels: beten, Christentum, Gebet, Glaube, Gott, Jesus Christus, Kirchengeschichte, Kirchenvater, Spiritualität
2 Comments:
"Körper- und Lustfeindlichkeit."
Ja, Augustinus war eben Christ, und das Christentum lehrt, daß Lust Sünde ist. Siehe 1 Johannes 2:16. Auch in der Ehe ist Wollust gegenüber dem Ehepartner Sünde, jedoch ist hier die Ehe das "Pardon", wie Augustinus es nennt -- aber es bleibt Sünde. Seine beiden Abhandlungen "De bono viduitatis"[1] und "De bono coniugali"[2] sind hier unerreicht in ihrer Tiefe und Christlichkeit. Der Christ isst bescheiden, und er hat nur für das Kinderkriegen Geschlechtsverkehr. Wie Vox Day schreibt, ist das Christentum der "schwierige Pfad" (the hard path). Satan verlangt nichts von einem, damit man seine Seele verliert. Da muß man einfach seinem Herzen folgen, und leben, wie es einem beliebt. Doch mit der Kraft des heiligen Geistes ist alles möglich, gerade die Askese und Demut. Kempens Nachfolge Christi beschreibt sehr gut, wie man als Christ sein Leben gestalten und leben sollte.
Dennoch, das Wichtigste ist und bleibt, daß das Christentum zur Demut erzieht. Daß man sich als unwürdigen, armen Sünder sieht -- wie Luther, der in der paulinisch-augustinischen Linie stand, es ja auch tat.
Die Bibel lehrt ja auch, daß es besser ist, nicht zu heiraten: siehe Matthäus 19:11-12 sowie 1. Korinther 7:1,7,38. Wohlgemerkt: Sie lehrt nicht, daß Heirat Sünde ist, doch daß es besser ist, nicht zu heiraten. Der Christ sollte denn auch das Augenmerk auf Gott und Christus richten und ihm gefallen wollen. Aber man lese die beiden Abhandlungen des Augustinus -- den Einwand, man stürbe dann ja aus, hat er bereits erahnt und intelligent darauf geantwortet. Wenige Christen, die solchen Tiefblick hatten.
[1]: http://www.newadvent.org/fathers/1311.htm
[2]: http://www.newadvent.org/fathers/1309.htm
Ich lasse den Kommenater gerne stehen; obwohl ich nicht mit dem Satz "Lust ist Sünde" einverstanden bin, weil er für mich eine Einseitigkeit und Übertreibung darstellt. Lust ist dann Sünde, wenn sie zulasten anderer geht, nur noch sich selbst sieht und dadurch verabsolutiert wird. Dann bin ich "verkrümmt", gebe mich einer Täuschung hin und verfehle dadurch das Ziel des Lebens!
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