Mittwoch, November 15, 2006

Das Wesen des Vaters

Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und wurde von Erbarmen bewegt, lief hin, fiel ihm um den Hals und küsste ihn ...
Sein Vater kam heraus und redete ihm gut zu ... Er sprach zu ihm: "Mein Kind, du bist allezeit bei mir, alles, was mein ist, ist dein. ...


Rembrandt folgte in seinem Gemälde nicht wortwörtlich dem Lukasevangelium. Er entschloss sich, einen stilleren Vater darzustellen. Das hat wahrscheinlich mit seiner Biografie zu tun: der äussere Glanz und die Aktivität ist aus seinem Leben gewichen, aber das innere Feuer der Liebe ist durch viel Leid gewachsen und stark geworden. Der Blick des Vaters ist der eines Blinden, er erkennt den Sohn nicht mit den Augen, sondern mit seinem Innern, dem Herzen. Und seine Hände sind Instrumente dieses Herzens, das voll ist von Liebe und Erbarmen. Und diese Hände sind ins Licht und in die Mitte des Bildes gerückt. Sie verkörpern Vergebung, Versöhnung und Heilung.
Rembrandt hat eine Vater- und eine Mutterhand gemalt. Auf der Schulter des Sohnes ruht die kräftige und muskulöse Vaterhand, die festhält. Auf dem Rücken die feingliedrige, sanfte und zärtliche Mutterhand, die streicheln und trösten will. Die Mutterhand ist das Echo auf die Worte aus Jesaja 49,15 "Vergisst denn ein Weib ihren Säugling, ohne Erbarmen für den Sohn ihres Leibes? Auch diese mögen vergessen, ich aber, ich vergesse dich nicht. Da, auf beide Handflächen habe ich dich eingegraben."
Nouwen schreibt über die Hände Gottes: "Sie hielten mich seit der Stunde meiner Empfängnis, sie hiessen mich bei meiner Geburt willkommen, hielten mich an die Brust meiner Mutter gedrückt, sie gaben mir Nahrung und deckten mich zu. Sie schützten mich in Zeiten der Gefahr und trösteten mich in Zeiten des Kummers. Sie winkten mir beim Abschied und begrüssten mich stets beim Wiederkommen. Diese Hände sind Gottes Hände. Es sind auch die Hände meiner Eltern, Lehrer, Freunde, Helfer und all derer, die Gott mir gab, um mich daran zu erinnern, wie sicher gehalten und geborgen ich bin."

Gott will, dass auch wir den Weg von der Kindschaft hin zu Vaterschaft und Mutterschaft gehen. Oft ist es ein langer Weg, bis wir die lähmende Furcht vor Gott wirklich ganz fallen lassen können. Aber Gott wandelt uns in sein Bild um, wenn wir Jesus Christus nachfolgen. "Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist" hat Jesus gesagt. Die gleiche Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung, die er uns schenkt, soll überfliessen auf unsere Nächsten. Das ist die grosse Herausforderung im Alltag: Kann ich bedingungslos lieben, kann ich geben, ohne etwas dafür zu erwarten? Dann können andere nicht mehr Konkurrenten, Rivalen, Gegner und Feinde bleiben, sondern Menschen, denen ich mit Liebe und Wertschätzung begegne und segnend meine Hände auf ihre Schultern lege.

Deshalb lautet die letzte Frage an uns: Identifiziere ich mich mit dem Vater? Bin ich auf dem Weg zur geistlichen Mutter- und Vaterschaft? Wem kann ich väterlich oder mütterlich begegnen?

Father (ein Lied von Adrian Snell 1990, dessen Vater 1988 starb)

My defender, my protector
My provider, Father
Friend and stranger – always there
Never danger when you're near
In the shadow of your love.

Always righeous teacher, pleased to learn
Still the child inside the man
Sometimes right and sometimes wrong
Sometimes weak and sometimes strong.

Now life ending, temple ageing
Sadness sometimes, scarred yet so kind
Sometimes certain, often not
Sometimes broken, sometimes lost
Still with laughter in your eyes.

Father, always, need you, miss you
Thank you deeply – you are in me
I can touch you, hear you, feel you
You are with me, I'll be with you.

strong in faith, living soul
Israel, going home
Whole in love, live complete
Deep in peace – this is love inteed.

Empfohlene Literatur:
· Zuerst Texte der Bibel in verschiedenen Uebersetzungen: besonders Psalmen, Jesajabuch & Lukasevangelium
· Floyd McClung: Das Vaterherz Gottes. JmeM Frankfurt 1986
· Henri J. M. Nouwen: Nimm sein Bild in dein Herz. Herder Freiburg 1991
· Geri Keller: Vater. Ein Blick in das Herz Gottes. Schleifeverlag Winterthur 2002
· Brennan Manning: Verwegenes Vertrauen. Ergreifen, was Gott uns schenkt. Brockhaus Wuppertal 2002
· Susanne Schmid Grether: Jesus der Jude. Schoresch Wetzikon 1997
· W. A.Visser't Hooft: Rembrandts Weg zum Evangelium. Zwingli-Verlag Zürich 1955
· ...und sei Dir des Vater im Himmel gewiss. Zeitschrift Salzkorn OJC 2/2002

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