Chancen und Gefahren des Enneagramms
Auf den Seiten 382-390 des Buches von Michael Schulz folgt die ausführlichste und eine sehr hilfreiche Zusammenstellung positiver und negativer Stichworte, wobei die positiven Punkte eindeutig überwiegen. Die Punkte gehen auf Dirk Meine zurück:
· Selbstkritisch
· Wegweiser unter vielen, keine Heilslehre
· Erfahrungsorientiert
· Dialogfähig: hat psychologische, christliche oder esoterische Intention
· Spirituell ausgerichtet: führt zu mündiger Christusnachfolge und/oder spiritueller Psychologie
· Theologisch fundiert: ausbalanciert zwischen Gott und Mensch; Christus soll Gestalt in uns gewinnen
· Einladend, entlastend & verheissungsvoll: Sehnsucht als gute Gabe Gottes in den Blick bekommen, die hinter unserer Sünde liegende Sehnsucht als gute Gabe Gottes sehen
· Analytisch und synthetisch: es besteht eine Spannung zwischen typologisch und individuell
· Dreifache Dynamik: Partnerenergie, Flügel & typeninterne Entwicklung (in Richtung Erlösung/Reifung) „Erkenntnis der eigenen Charakterstruktur soll dazu helfen, diese Fixierung zu lockern... Das Enneagramm will ein Spiegel sein, um aufzuwachen und nicht noch tiefer einzuschlafen, sondern die gleichwertige Fülle anderen Lebens zu erkennen und nicht in der Verengung und Blindheit des eigenen Musters zu verbleiben... Weg zu reiferem und mündigerem Christsein, als Unterwegs-Sein zum tieferen Selbst“
· Keine Heilslehre: Enneagramm hat „Landkartenfunktion“, es ist begrenztes Hilfsmittel und betont Ausschnitthaftigkeit
· Fixiertheit auf einen Typ: regressiv bedeutet: Rückzug; agressiv: Selbstgerechtigkeit; zwanghaft: „Self-fulfilling-prophecy“
· Etikettierung anderer: es gilt „den Geheimnischarakter eines jeden Menschen zu wahren“
· Machbarkeit der Erlösung: nein, da Hilfe von aussen wesentlich ist
· Moralisierung der Erlösung: Sünde hat Beziehungscharakter und der ist zu wahren
· Theologische Grundlegungen und Terminologie: Vermischung von Theologie und Psychologie. „Christliche Enneagrammarbeit zielt auf Umkehr und Erneuerung, die nicht ohne persönliche Beichte und Absolution erreicht werden kann“ (Dietrich Koller)
· Analytische Schwächen: ja, aber hier liegt der Fokus weniger
· Eigengeprägte Erweiterungen
· Weitestgehende Begründungsmöglichkeit: hilfreich zur Typenfindung sind Typisierungsinterviews „typing interviews“ oder Supervision nach Helen Palmer (Ausschlussverfahren, diagnostisches Hören und Sehen, nichtbeurteilende Selbstbeobachtung und waches Hinschauen bei sich)
· Buchform kontra mündliche Ueberlieferung „oral tradition“: Es besteht eine grosse Nachfrage nach geistig-spiritueller Begleitung und Hilfe, der man kaum gerecht werden kann ohne Bücher: so wurden über 300'000 Exemplare des Buches Rohr/Ebert verkauft. EnneaForum, oekumenischer Arbeitskreis zum Enneagramm bildet nun eine zweite Generation aus. Zudem gibt es EnneagrammlehrerInnen in der mündlichen Tradition nach Helen Palmer
· Gebrochenheit durch eigenwilligen Gebrauch: oberflächliche Neugier und Lust an Erkenntnis führen nur zu distanzierter psychologischer Selbsthilfe und kognitiver Information über den Menschen
· Gesellschaftspolitischer Kontext: Einzelner Mensch von innen nach aussen verändern beinhaltet Gefahr einseitiger Verinnerlichung und Unterschätzung der gesellschaftlich-politischen Strukturen. Veränderung fängt beim Einzelnen an und geht hin zur Gesellschaft im Sinne von Haben zum Sein (nach Erich Fromm). Dimensionen des christlichen Glaubens sind: personal, mitmenschlich-sozial, politisch und mystisch. Legitime Mystik führt bis in die Politik, aber Vorrang hat das „extra nos“ (= ausserhalb von uns), dass Gott in Jesus Christus die Gnade ist!
· Nichtchristliche Ursprünge: ist ein Problem für Fundamentalisten. Wirkliche Vernetzung von Theologie und enneagrammatischer Arbeit ist weitgehend noch nicht erarbeitet!
· Empirisch nicht nachweisbar: Das Enneagramm ist mehr als nur intuitiv erfahrbar. Es gibt aber wie in Psychologie, Psychoanalyse und Psychotherapie verschiedene Ebenen: Prozess, Theorie und (weltanschauliche) Konsequenzen
Labels: Charakter, Dialog, Enneagramm, Glaube, Menschenbild, Modell, Persönlichkeit, Psychologie, Spiritualität, Theologie
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