Donnerstag, September 07, 2006

Die zärtliche Hure und Gottes närrische Suche

Von den eindrücklichsten Sätzen im Buch "Jesus" von Klaus Berger stehen auf den Seiten 233 bis 238:
Jesus und die Zärtlichkeit der Hure
Mit derselben Masche, mit der die Hure immer Männer anmacht, versucht sie es auch bei Jesus: Die Berührung mit den Haaren, das Küssen und das Eincremen gehören dazu. Die Tränen, die sie vergiesst, sind zumindest vieldeutig. Sie sagt nichts dabei. Jesus verbietet es nicht, er wertet ihr Tun als Liebe. Er akzeptiert sie so, wie sie ist. Und vor allem so, wie sie liebt. Die Motive dieser Liebe werden nicht aufgeschlüsselt. Man darf sie wohl ambivalent nennen. Die legt daher auch nicht irgendein Glaubensbekenntnis ab, nicht das leiseste. Auch unsere Motive, zu Jesus Kontakt zu haben, dürften vieldeutig sein. ...
Denn reinen Glauben hat niemand, die reine Liebe wäre nicht von dieser Welt. Und das ist das Tröstliche an dieser Geschichte: Jesus akzeptiert auch unsere "gemischten Gefühle". ... er greift schon auf, was da ist. Er kann auch auf krummen Zeilen gerade schreiben. Das ist in Wahrheit Vergebung, dass eben auch unsere Glaube nicht perfekt sein muss. ...
Jesus ist in seiner Person das Heil, ... Die Gnade liegt darin, dass wir Gemeinschaft haben dürfen mit Jesus. Die Liebe zu Jesus hat viele Motive, wenn sie nur ihn meint und bei ihm endet. Denn das Heil ist physische Gegenwart Jesu, ohne dass Jesus Besonderes dazutut. Und diese Gegenwart Jesu ist wichtiger als die verschlungenen Motive des Liebens. Auf unserer Seite gibt es meistens eine ganze Menge schiefer und falscher Voraussetzungen, weshalb wir zu Jesus kommen. Er "heilt" sie alle von Grund auf, wenn wir nur bei ihm bleiben.

Das Gleichnis (vom verlorenen Groschen in Lukas 15,8-10) handelt aber von Gott. Im Bild dieser Frau steht seine närrische Suche im Zentrum, seine, Gottes wahn-sinnige Freude. Denn er, der Herr der Welten, ist auf der Suche nach jedem verlorenen kleinen Menschen. Er kehrt das Haus um, auf dass er den Letzten finden kann. Die normale Weltordnung ist hier verkehrt worden: Nicht wir müssen Gott suchen, den mächtigen und barmherzigen, sondern er sucht uns. Verzweifelt fast, um jeden Preis. Und wer sein Haus umkehrt, um einen Groschen zu suchen, der tut es auf Knien. Nicht wir knien hier, sondern Jesus schildert hier Gott auf Knien. Ein merkwürdiger Gott – versteht der denn gar nichts von Würde?

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