Samstag, Oktober 23, 2010

Die Berglehre von Jesus

Jesus war ein jüdischer Rabbi und seine Zuhörer und Nachfolger waren Juden. Das heisst alles, was er sagte, basierte auf dem Alten Testament, besonders auf der Weisung ("Tora", die fünf Bücher Mose oder das Gesetz) und den Profeten (alle übrigen Bücher des AT). Er und seine Zuhörer hatten es von Kind an gehört, auswendig gelernt und verinnerlicht. Vieles muss ihnen daher sehr bekannt vorgekommen sein, weil Jesus Worte, Themen und Aussagen des AT aufgriff, besonders aus Exodus (2. Buch Mose), Deuteronomium (5. Buch Mose) und aus den Psalmen.
Jesus hat damals wie seine Leute in aramäischer Sprache gesprochen, was dem Hebräischen sehr nahe kam. Der Beginn der Berglehre mit "selig" heisst in Hebräisch „asch're“ und bedeutet auch "Glück, glücklich, Heil, Seligkeit oder Wohl" und kommt in zahlreichen Stellen des Alten Testaments vor, so auch in folgenden:
Psalm 1,1 & 2: Selig(keit) der Mann, der nicht wandelt im Rat der Bösen, noch sitzt im Kreis der Spötter, sondern hat Gefallen an der Weisung Jahwes und raunt (oder: murmelt, spricht leise) darüber nach Tag und Nacht.
Psalm 2,12b: Seligkeit (oder: Heil) allen, die sich bergen bei ihm (=Jahwe)!
Psalm 32,1: Wohl, wem verziehen wurde Vergehen, zugedeckt Sünde.
Psalm 32,2: Wohl dem Menschen, dem Jahwe nicht Missetat anrechnet.
Psalm 34,9b: Wohl dem Mann, der sich in ihm (=Jahwe) birgt.
Psalm 112,1b: Heil dem Mann, der Jahwe fürchtet, an seinen Geboten hat er sehr Gefallen!
Psalm 119,1 & 2: Selig, die untadeligen Weges sind, die wandeln nach der Weisung Jahwes! Selig, die bewahren seine Zeugnisse, die ihn mit ganzem Herzen suchen!

An vielen Stellen des Alten Testament ist vom "Tun-Ergehen-Zusammenhang" die Rede, vom kausalen Prinzip des "wenn" und "dann". Am stärksten in Dt 30,15-20: Siehe! Heute habe ich dir Leben und Heil, Tod und Unheil vor Augen gestellt. Wenn du den Geboten Jahwes, deines Gottes, gehorchst, die ich dir heute anbefehle, .... Das kausale Prinzip beinhaltet die Gefahr der Selbstgerechtigkeit und Ueberheblichkeit: z. B. der betende Pharisäer in Lukas 18,9-14, der auf den Sünder hinunterschaut.
Jesus greift all dies in der Bergpredigt auf, aber bleibt nicht dort stehen, sondern verändert die Blickrichtung und stellt Gott und das Himmelreich in die Mitte:

Selig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Das ist eine Anknüpfung an Ps 34,19: Nahe ist JaHWeH den gebrochenen Herzen und einem zerschlagenen Geist hilft er auf.

Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Das erinnert an Ps 126,5: "Die in Tränen säen, sie werden ernten in Freude." oder an Jesaja 61,2: Der Messias tröstet Trauernde...

Selig die Sanftmütigen, denn sie werden als Besitz empfangen die Erde. Dies erinnert an Psalm 37,11: Und die Sanftmütigen werden Land besitzen, und sie werden sich laben an der Fülle des Friedens.

Selig die Hungernden und Dürstenden nach Gerechtigkeit denn sie werden gesättigt werden. Das wiederum erinnert an Psalm 119,123: Nach deiner Hilfe schmachten meine Augen voll Sehnsucht, nach der Gerechtigkeit...

Selig die Barmherzigen, denn sie werden mit Erbarmen beschenkt werden. Es liegt hier keine unmittelbare Anknüpfung an eine AT-Stelle vor, aber Barmherzigkeit, "racham" gehört zum Kerngehalt des AT!

Selig die Reinen im Herzen, denn sie werden Gott sehen. Das erinnert an Ps 24,3+4: Wer wird hinaufsteigen auf den Berg JaHWeHs und wer wird stehen an der Stätte seines Heiligtums? Ein Unschuldiger an Händen und Reiner im Herzen, der seine Seele nicht zu Eitlem erhoben und nicht falsch geschworen hat.

Selig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Es liegt auch hier keine unmittelbare Anknüpfung an eine AT-Stelle vor, aber Frieden, "schalom" gehört auch zum Kerngehalt des AT!

Selig die Verfolgten wegen Gerechtigkeit, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und sagen alles Böse gegen euch, sie lügen meinetwegen. Freut euch und frohlocket, denn euer Lohn ist gross im Himmel. Denn so haben sie auch die Propheten vor euch verfolgt.

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