Häretiker und Heterodoxie, Atheismus und Freidenkerei, Vernunft und Offenbarung (Seiten 332-358)
Es gab schon bald rationalisierende Häresien. Tolerant war der Islam nur gegen seine eigenen vier Rechtsschulen, intolerant aber gegen den „Unglauben“, das umfasste die Leugnung der Einheit Gottes, das Profetentum Muhammads und der göttliche Ursprung des Qur’an.
Der orthodoxe Islam „besiegte“ auch die griechische Philosophie immer. Den heidnischen Araber ging nämlich jedes tiefere Gefühl für Religion ab. So waren die „Umayyaden“ (661-750) nicht von frommer Denkungsart oder heiliger Gesinnung. Erst die intoleranteren „Abbassiden“ in Bagdad (749-1258) setzten die islamischen Prinzipien durch. Sie waren Theokraten und verstanden sich als „Schatten Gottes“ in dieser Welt, sie stammten von Abbas, dem Onkel Muhammads, ab.
Die „Kharidjiten“ waren wahrscheinlich die früheste islamische Sekte, sie waren „Puritaner“, die die Reinheit des Gewissens anstrebten. Sie machten Aufstände gegen die „Umayyaden“ und einige von ihnen ermordeten Ali, der gegen sie kämpfte. Mord und Terror aus religiösen waren ihnen erlaubt.
Die „Mu’taziliten“ waren an der „mihna“, der islamischen Inquisition unter den Abbassiden beteiligt. Sie brachten „aql“, die Vernunft, das griechisch-philosophische Konzept in die Diskussion der muslimischen Dogmen ein und kritisierten Aberglaube und Mythologie. Sie hinterfragten Qur’an und die Hadithe. Sie stellten fünf Hauptprinzipien auf:
1. Gott ist ganz anders als die Kreatur
2. Gott ist gerecht, deshalb hat der Mensch einen freien Willen
3. Glaube ist das Vermeiden von schwerer Sünden
4. Schwere Sünde führt zwischen Glauben und Unglauben
5. Glaube muss durch Zunge, Hand und Schwert verbreitet werden
Al-Ash’ari versetzte ihnen 935 den Todesstoss.
Mani oder Manes und das Manichäertum
Mani wurde 216 in Babylon geboren und lehrte ab 240 in Indien unter Shapur dem Ersten eine gnostische, dualistische Lehre. Die Welt bestehe aus gut und böse. Die Trennung vom Bösen werde durch Askese erreicht. Zarathustrische Priester klagten Main an und brachten ihn schliesslich auch zu Tode.
Ibn Warraq nennt noch weitere „Zindiq“, Häretiker und Ketzer, die zu Anfangszeiten des Islam der „Zandaqa“, der Häresie oder Ketzerei angeklagt waren:
· Djad ibn Dirham, Materialist, hingerichtet 742/43 durch Hisham
· Ibn al-Murqaffa, Rationalist und Manichäer, hingerichtet durch al-Mansur
· Ibn Abi-I-Awaja, Materialist, hingerichtet 772
· Bashshar ibn Burd, persischer Dichter und Skeptiker, ermordet 784/85
· Al-Mutanabbi, Dichter, ermordet durch Wegelagerer 965
· Ibn al-Rawandi, Atheist, der die Vernunft der Offenbarung als überlegen ansah und das Buch „Kitab al-Zumurrudh“ schrieb
· u. a. m.
Labels: Glaube, Gott, Islam, Koran, Orient, Philosophie, Religion, Sünde, Toleranz
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