Griechische Philosophie und Wissenschaft: Ihr Einfluss auf den Islam (Seiten 359-377)
Die klassische Antike wurde vom 8.-10. Jahrhundert in den Islam assimiliert und war die Renaissance des Islams. „Ohne Antike keine islamische Zivilisation“ F. R. Rosenthal.
Der orthodoxe sunnitische Islam hat aber das philosophische Denken nie begrüsst, denn es führe zu Ketzerei, Zweifel und Unglauben. Der abbassidische Kalif al-Ma’mun, der 813-33 regierte, förderte die Uebersetzungen griechischer Werke, um zu medizinischem und astronomischem Wissen zu gelangen. Die meisten Uebersetzer waren jedoch Christen.
Ibn Warraq unterscheidet zwei Epochen:
Erste Epoche war Versöhnung zwischen Philosophie und Offenbarung im 9.-11. Jahrhundert: Al-Kindi führte den Neoplatonismus in den Islam ein. Sein Schüler war Al-Sarakhasi, der 899 vom Kalifen al-Mu’tadid hingerichtet wurde. Al-Farabi (870-950) war Aristoteles verpflichtet und vertrat, dass der göttliche Geist die Welt regiert und die Vernunft den Menschen. Ibn Sina, 980-1037, auch bekannt unter dem Namen „Avicenna“, versuchte Islam und Philosophie durch allegorische Interpretation zu versöhnen.
Al-Ghazzali gebrauchte aristotelische Logik und neoplatonische Methoden. Aber in „Die Zerstörung der Philosophen“ verurteilte er 1095 die philosophische Spekulation, die ewige Stofflichkeit und Leugnung der leiblichen Auferstehung. Er wollte zum wörtlichen Koranverständnis zurückkehren, weil die Vernunft die Wahrheit nicht erreiche und nur die Offenbarung zur Gewissheit führe.
Der Perser Al-Razi, 865-925, war Arzt, Freidenker und Agnostiker und schuf die Enzyklopädie „al-Hani“, die 1279 ins Lateinische übersetzt wurde. Sein geistige Heilkunde „al-tibb al ruhani“ umfasste Aspekte des Schöpfers, Seele, Materie, Zeit und Raum.
Zweite Periode war die eigentliche islamische Philosophie und Wissenschaft. Hauptfigur war „Abu al-Walid Muhammad b. Ahmad ibn Rushd“, genannt „Averroes“, der 1126-98 gelebt hatte. Er war Jurist und Richter in Sevilla und Cordoba, schrieb einen Kommentar zu Aristoteles. Man weiss jedoch nicht genau, wie weit er Rationalist war.
Leistungen der islamischen Wissenschaft gab es vor allem in Trigonometrie und Optik (al-Haitham 1039 und al-Farisi 1320). Sie wurden vorwiegend durch Perser, Christen und Juden vollbracht, Araber waren fast keine darunter! Medizin, Algebra, Arithmetik, Geometrie, Mechanik und Astronomie wurden als fremde Wissenschaften angeschaut und waren deshalb gefährlich. Religion, Sprache, Exegese, Recht, Theologie (Scholastik), Grammatik, Rhetorik und Literatur galten als eigentliche islamische Wissenschaften. Sie waren erwünscht, sofern sie im Einklang mit dem Qur’an waren.
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