Sonntag, April 27, 2008

Der Koran aus kulturwissenschaftlicher Sicht

Der Einfluss persischer religiöser Raster auf Vorstellungen im Koran. Dieser kurze Beitrag ist wiederum von Volker Popp auf den Seiten 441-455 und umfasst folgendes:
Die arabische Halbinsel war lange Zeit Teil des iranischen Kulturkreises. Die babylonischen Juden waren ein Fremdkörper in Persien. Paradiesvorstellungen übernahmen sie von dort. „Dên“ war göttlich-menschliche Weisheit, eine Art endzeitlicher Glückszustand. Syrisch-iranische Christen verschmolzen dies mit ihrem Glauben. Die Perser selber wiederum nutzten das ganze indo-iranische Sprachgut (für ihre Religion und Kultur), arabisch war der westliche Teil davon. So stammen die grossäugigen Huris ursprünglich aus Indien und waren dort Kuhaugen, in Syrien des 6. Jh. wurden sie zu Trauben. Christliche, syrische Erzväter fütterten Seelen mit Trauben. Und im Iran stellte man sich das Paradies als ewiges Familienfest vor.
Auch die Engel stammen auch aus der persischen Gedankenwelt, „frawahr“ war ihr Totengeist, „fravaschis“ waren beherrschende Mächte und „malik“ war der königliche Gott.
Der Koran hat also auch persischen Hintergrund. Seine Editoren waren Pharisäer und arabische Scharifen der christlichen Gemeinschaft, die von persischer Orthodoxie geprägt waren. Das kommt im „dîn“, dem Glauben, oder genauer: der Beschaffenheit des Glaubens, dem geraden und rechten Weg zur Geltung.

Neue Wege der Koranforschung aus vergleichender sprach- und kulturwissenschaftlicher Sicht. Von Markus Gross auf Seiten 457-639.
Aramäisch war eine Weltsprache und die Verwaltungssprache im persischen Reich, das von Aegypten bis nach Afghanistan reichte. Nach Luxemberg war der primäre Korantext unpunktiert und unvokalisiert, der sogenannte „rasm“. Im islamischen Verständnis ist der Koran unerschaffen und dem Profeten stückweise offenbart worden. Die „Burda“ ist ein Lobgedicht auf Muhammad von Al-Busîrî. Dem Koran selber fehlt ein schöner Rhythmus, das ist ein Hinweis auf eine schriftliche Ueberlieferung. Mekkanische Suren sind zu unterschiedlich lang, medinesische zu unterschiedlich und zu lang. Daher sei der Koran nicht besonders schön, schwer zu lernen und oft langweilig infolge (zu) vieler Wiederholungen. Sein Wert sei religiös motiviert. Die Uneindeutigkeit der damaligen arabischen Sprache kann als Rückschritt aufgefasst werden.

Gross ist ein profunder Sprachkenner, der die Zusammenhänge der verschiedenen Sprachen akribisch zu kennen scheint. Er unterscheidet indogermanische und afroasiatische Sprachen. Zu ersteren gehören Vedisch und Altgriechisch, zu letzteren zählen Akkadisch und Altägyptisch, die aber schlecht belegt sind.
Das arabische Wort für Koran „qur’än“ stammt vom syrischen „qaryänä“, was Lektionar bedeutet. Inhaltlich wurde mit „Es gibt keinen Gott ausser Allah“ stark auf das jüdische Bekenntnis Bezug genommen: „Jahwe ist unser Gott, Jahwe ist einer“. (Anklänge davon gibt es auch im Sikhismus mit „Ik Onkar“, was „Eins Gott“ heisst und den „Om-Macher“ meint.)
Auch Christen waren vom Judentum beeinflusst. Das jüdische Kaddisch-Gebet führte vermutlich zum syrischen Vaterunser: „Vater unser im Himmel; geheiligt sei dein Name, es komme dein Reich zu Ewigkeit der Ewigkeiten. Amen.“
Auch Mani spielte noch eine Rolle. Sein Vater war ein parthischer Adliger, der der aramäisch-christlichen Sekte der Elkesaiten angehörte. Mani selber reiste 240 nach Afghanistan und Indien, wo er den Hinduismus und Buddhismus kennenlernte. 276 wurde er von einem Sassanidenherrscher hingerichtet, und er hinterliess eine sykretistische Religion.

Muhammad als Name geht sicher zuerst aufs Ugaritische „mhmd“ und später aufs Hebräische „machmäd“ zurück und bedeutet: begehrenswert, anmutig und lieblich. Verwandt sind auch „mach’mod“ Kostbarkeiten, „chemad“ Anmut und Schönheit und „chämad“ verlangen, begehren, loben und Gefallen finden bedeutet. Im südarabischen gibt es noch „chmd“, was preisen heisst.
Danach zeigt Gross auf, dass auch die Bezeichnungen für Gott sprachlich zusammenhängen: „ilu“ ist akkadisch, „il“ ugaritisch, „el“ Hebräisch und „iläh“ arabisch. "Allah" wiederum stammt vom syrischen „alähä“. In 29 der ältesten Suren kommt das Wort „Allah“ nicht vor. Im Koran, in den mekkanischen Suren wurden vorwiegend ostsyrische Wörter aufgenommen, „Allah“ jedoch aus der westsyrischen Sprache.
Westliche Forscher übernehmen meist aus politischer Korrektheit mündliche Ueberlieferungen aus arabisch-islamischer Tradition, die Kennzeichen dafür fehlen im Koran selber. Die islamische Frühgeschichte wurde durch Moslems rekonstruiert statt wissenschaftlich erforscht.

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