Chancen und Gefahren des Enneagramms
Da ich vor zwei Wochen zusammen mit Ruth Michel wiederum einen Enneagramm-Grundkurs auf christlicher Basis in der Casa Moscia gegeben habe für 22 Teilnehmende, möchte ich meine Erfahrungen kurz reflektieren. Ich sehe grosse Chancen mit dem Enneagramm:
Es ist eine Landkarte, ein Hilfsmittel und Werkzeug zur persönlichen, zwischenmenschlichen und geistlichen Entwicklung und Reifung. Durch Selbstbeobachtung und Reflexion kann ich mich besser kennen, einschätzen und auch gesund begrenzen lernen. Alle neun Gestalten sind gleichwertig, jeder bedarf der Ergänzung durch andere Menschen, alle Erlösung durch Jesus Christus. Jeder soll sich auf den Weg der Reifung machen. Meine Weltsicht ist also nicht die einzige und schon gar nicht die beste. So kann ich andere besser verstehen, wertschätzen, würdigen oder auch nur stehen lassen. Das Enneagramm beinhaltet das grundsätzliche Potential und Dynamik zur Entwicklung und Veränderung der Menschen. Ich beginne meine einschränkenden und zerstörerischen Lebensmuster und dunklen Seiten zu erkennen und anzuschauen. Ich werde aufgefordert, mich in eine Richtung zu bewegen, die der Integration, Reifung und Gesundung der Persönlichkeit dient. Ich halte mich dem dreieinigen Gott hin, so dass er mir die Gnade und Kraft gibt zur Wandlung in sein Bild. Zugleich versöhne ich mich mit dem Gedanken, dass meine Existenz fragmentarisch und meine Entwicklung hier unvollendet bleibt. Ich darf ein vergänglicher und einseitiger Mensch sein, der auf ein neues Leben bei Gott wartet.
Nicht verschwiegen will ich, dass es auch Gefahren gibt: Das Enneagramm ist nur ein Modell und Wegweiser, nicht die Wirklichkeit an sich! So wie eine Landkarte auch nur ein reduziertes Abbild einer Landschaft ist. Dies übersehen viele und stülpen dieses Modell über alle und alles, setzen es gar absolut oder verwenden es als Heilsweg. So kann man es überschätzen, sich zu sehr darauf fixieren und sich auch überheben über andere. Denn Wissen ist Macht und verführt zur Manipulation! Auch Fehleinschätzungen bei sich und anderen sind recht häufig: Viele Menschen wollen gewisse Lebensmuster und Verhaltensweisen einfach nicht wahrhaben und haben grosse blinde Flecken. So wird Entwicklung verhindert. Das Enneagramm macht zudem wenig Aussagen zu Alter, Geschlecht und Umfeld. Und es ist völlig untauglich für Kinder und wenig geeignet Jugendliche bis 25 Jahren.
Labels: Charakter, Enneagramm, Entwicklung, Menschenbild, Modell, Persönlichkeit, Psychologie, Reifung, Seele, Selbst, Temperament, Veränderung
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