Samstag, Juni 02, 2007

Hadith, die Tradition des Verkünders

Von Seite 71-85 schreibt Raddatz zuerst über Glaube und Ethik im Islam, danach beschreibt er die Entstehung der "Hadith", die Tradition des Verkünders. Diese Beschreibungen und Definitionen sind nicht immer in sich abgeschlossen und werden manchmal wieder erneut aufgegriffen:
Sunna“ sind die (rechtmässigen) Ueberlieferungen des Profeten, die zur Norm wurden.
Hadith“ heisst übersetzt Mitteilung und meint die Rechtsfindung im Islam. In den Rechtsschulen wurden Machtregelungen und religiöse Bindungen in der Profetentradition festgelegt, die auf Muhammad zurückgingen. Seit dem 9. Jahrhundert waren die „hadithe“ vollwertige Glaubensgrundlage neben dem Koran.
Ignaz Goldziher, ein deutscher Orientalist, hält aber einen grossen Teil der Hadithe für gefälscht, da sie manipuliert wurden. Sie dienten der politischen Instrumentalisierung und wurden im Sinne des Medina-Modells zur Norm erklärt. Sie legten das tägliche Verhalten fest in Form von erlaubten, empfohlenen und verbotenen Handlungen. „Iblis“ der Teufel, aus dem Paradies verstossener Engel, lenkt nämlich die Menschen vom Glauben ab und verführt sie. Der Verstand unterstützt lediglich die Treuhandschaft des Menschen in der Nutzung der Natur und Gestaltung der Welt. (Ibn ar-Rawandi, gestorben 870, zog den Verstand der Profetie vor in seinem Buch des Smaragden, dadurch wurde er zum Ketzer!)
Al-Burkhari, gestorben 870, war der bekannteste Traditionssammler. Er nahm damals von 60'000 Ueberlieferungen 7'000 in seine Zusammenstellung „Das Echte“ auf. Insgesamt gab es etwa 600'000 Hadithe, von denen aber nur 30-40'000 anerkannt wurden.

Theologische und rechtliche Spezialisten schufen die „schari’a“, die islamische Ordnung. Die Glaubenssumme der Gemeinschaft wurde kodifiziert und somit zum Gesetz. Es forderte absolute Loyalität zur Gemeinschaft und Hingabe im Ritenvollzug mit Gebet, Fasten, Almosen, Wallfahrt und Glaubenskampf. Letzteres vor allem, wenn die Umstände es erforderten.

Dadurch zog sich Der Islam auf die Transzendenz Allahs zurück, die im Medina-Modell und im Gesetz der Scharia verkörpert wurde. Alles wurde auf den Koran und die idealisierte Tradition der Urgemeinde zurückgeführt. Raum und Zeit waren überwunden und die Existenz des Menschen ganzheitlich erfasst. Ein Freund-Feind-Weltbild wurde ausgeprägt und ein Bild der Macht zusammengefügt. Das liess keinen Raum für Andersdenkende, für analytischen Zugriff und Differenzierung. Die Meidung von Historizität führte auch zu einem historischen Vakuum.

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