Montag, Mai 01, 2017

Nehmen und Geben - Glauben und Empfangen

Volf zitiert die kanadische Historikerin und Kulturwissenschaftlerin Natalie Zemon Davies, die drei Arten von Geben unterschieden hat: • Zwangsmodus: wir nehmen verbotenerweise. . . . • Kaufmodus: wir erwerben legal. . . . • Schenkmodus: wir geben grosszügig. . . . Gott sei nicht der selber empfangende Geber, sondern der unendliche und absolut liebende Geber (Seite 76). Wir sollen Gott ähnlich, aber nicht gleich werden. Weihnachten dürfe daher nicht zum gegenseitigen Schenken verkommen, sondern soll im Sinn Gottes auch ein einseitiges sein, das vom Empfänger nicht wirklich erwidert werden kann! Paulus hat von der Gemeinde, in der er jeweils tätig war, nie Geld für sich angenommen, sondern nur um an andere weiterzugeben. Der Philipperbrief ist ein einziges langes Dankeschön, aber Paulus dankte ihnen an keiner Stelle; denn der Geber war Gott, und die Philipper waren nur sein Kanal. Das biblische Verständnis von Gleichheit verträgt es, dass der eine mehr hat und der andere weniger; aber nicht, dass der eine Überfluss und der andere Mangel hat (Seite 104). Kain war wie Adam und Eva ein „Nehmer“, während Abel ein „Geber“ war. Kain scheute daher nicht zurück, Abel das Leben zu nehmen. Sünde ist eine Art Gegengabe, eine perverses Gegenmittel, das all die guten Gaben neutralisiert und verdirbt. Auch als Sünder sind wir noch Gottes gute Schöpfung; aber wir sind wie Wasser, das durch Tinte gefärbt und verschmutzt ist.
Gott sei weder ein unerbittlicher Richter noch ein alter Opa, sondern ein Gott, der gerne vergibt, weil er nichts brauche (Seite 169). Luthers Problem war nicht psychologischer Natur, sondern theologischer Art, weil er Gott als unbestechlichen Richter und zornig aus Liebe ansah (Seite 173). Rabbinisch gesprochen verdankt die Schöpfung ihre Existenz Gottes Vergebung (Seite 175). Luther hielt es für ein grosses Problem, dass die Menschen egozentrisch seien; Volf stellt daher die berechtigte Frage, wie wir das denn heute sehen würden? Bei der Vergebung gehe es in der Tiefe nicht darum, etwas zu sagen, sondern etwas zu tun. Gott vergab, indem er Jesus als Sühneopfer hinstellte. In Christus versöhnte Gott die Welt mit sich selber. Gott hat die Sünden der Menschen auf Gott gelegt; er trägt die Last unserer Vergehen (Seite 187). Nach Luther liegen unsere Sünden auf Christus und sind in Christus verschlungen; er bekleidet uns mit seiner Gerechtigkeit und verwandelt uns in christusähnliche Menschen auf dem Weg zur neuen Schöpfung. Der Glaube klammere sich an Christus wie ein Ring einen Edelstein umfasse. Im Glauben öffnen wir die Hände, um Christus zu empfangen. Unsere Grundsünde sei es, Gott nicht ganz zu vertrauen, und infolge dieses Versagens fallen wir in viele verschiedene konkrete Sünden. Zudem tun wir so, als ob wir das, was wir haben, nicht von Gott empfangen hätten (Seite 197). Schuld bekennen heisst, dass wir durch das Tor der Beschämung in das Land der Freiheit treten (Seite 199).

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