Sonntag, Mai 22, 2016

Larry Siedentop: Europa findet zu seiner Identität

13. Warum der Feudalismus die antike Sklaverei nicht wieder einführte. Feudalismus kann als Vorstufe der Moderne angesehen werden. Im antiken Rom gab es Hörige mit nur minimalen Rechten, die keine Körperstrafen erdulden mussten. Diese Landarbeiter hiessen „Coloni“, weiter gab es „Rustici“ und „Tributari“. Sklaven hiessen dagegen „Servi“. Landbewohner und Bauern waren „Paganus“. Die Kirche förderte durch die Heiligkeit der Ehe und Achtung der Familie die Abschaffung der Sklaverei und die Einrichtung von Familienhöfen. Die Ehe war ein unauflösbares Band zweier Seelen geworden, das durch persönlichen Willensentscheid und unter Gottes Segen geschlossen wurde. 14. Den „Gottesfrieden“ fördern. Ab dem 10. Jahrhundert begannen Revolten von Landbewohner gegen ihre Grundherrn. 910 wurde die Abtei von Cluny durch Wilhelm I. gegründet. Sie richtete sich nach der Benediktregel, die das christliche Leben mit Würde, Arbeit, Selbstbestimmung, Lernen, Gebet und Gleichheit statt Herkunft prägte. Aus ihr kamen später auch die Mönchspäpste hervor. 15. Die Papstrevolution: Eine Verfassung für Europa. Das Minnewesen idealisierte die Geschlechterbeziehung. Höflichkeit und Ehre der Ritter verfeinerten die neue Identität. Erst die Kreuzzüge offenbarten das christliche Europa. Gregor VII. führte unter Einfluss christlicher Moralvorstellungen ein neues Modell von Gesellschaft und Regierung ein. Ein einheitliches Rechtssystem entstand, dieser Prozess dauerte bis 1250. 16. Naturrecht und natürliche Rechte. Da die Seele den Körper regiere, sei die geistliche Autorität der weltlichen Herrschaft überlegen. Daraus entstand um 1140 das „Decretum Concordia Discordantium Canonum“, das kanonische Recht des Mönchs Gratian. Das Naturrecht wurde mit der biblischen Offenbarung gleichgesetzt. Päpste, Theologen und Kirchenrechtler schufen eine Verbindung von antikem Recht und Evangelium. Sie scheiterten zwar, eine Verfassung für Europa durchzusetzen, aber sie legten die Fundamente für demokratische Gesellschaften im modernen Europa.

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