Donnerstag, Juni 10, 2010

Umfassendere Wirklichkeit


Polkinghorne plädiert in der Folge für eine umfassendere menschliche Wirklichkeit (Seite 111):
„Die Naturwissenschaften beschäftigen sich nur mit einem kleinen Teilbereich menschlicher Erfahrungen. Denn sie begrenzen ihr Interesse auf eine unpersönliche Darstellung der Wirklichkeit, auf die Welt als Objekt (als „Es“). Sie sprechen vom Licht einer gegebenen Wellenlänge, aber nicht von Farbe, von Vibrationen in der Luft, aber nicht von Musik, von kausalen Notwendigkeiten, aber nicht von moralischen Imperativen. Doch für die menschliche Erfahrung ist es fundamental, dass man der Wirklichkeit auch subjektiv begegnet, der Welt als einem „Du“ gegenübersteht. Zu dieser subjektiven Wahrnehmung der Welt gehören nicht nur zwischenmenschliche Begegnungen mit anderen Personen und die transzendentale Erfahrung des Göttlichen, sondern auch die allgemeine Erfahrung, dass wir in einer Welt leben, die voll von Werten ist. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass diese persönlich vermittelten Aspekte der Wirklichkeit von geringerer Bedeutung seien als die unpersönlich vermittelten Aspekte, welche die Naturwissenschaften interessieren....
Die Tatsache, dass die Naturwissenschaften Werte methodisch ignorieren, impliziert keineswegs, dass diese Nichtbeachtung zu einem metaphysischem Prinzip erhoben werden sollte. Im Gegenteil hat jede angemessene Metaphysik den wert-geladenen Charakter der Wirklichkeit ernst zu nehmen.


. Ethische Intuitionen und Verpflichtungen: Wir scheinen Zugang zu einem wirklichen moralischen Wissen zu haben. Unsere Moral öffnet uns ein Fenster in die Welt der menschlichen Wirklichkeit

. Aesthetische Erfahrungen: Farbarrangements und Geräuschwellensequenzen sind mehr als sinnlose Oberflächenphänomene und Gesellschaftswerte

„Der Theismus bietet eine Erklärung dieser vielfältigen Gegenwart von Werten in der Welt. Menschliche ethische Intuitionen entstehen in der Nachahmung von Gottes gutem und vollkommenem Willen; Erfahrungen von Schönheit entstehen, wenn Menschen in die Freude Gottes an seiner Schöpfung hineingenommen werden. Diese Erfahrungen bilden die Grundlage für die Erkenntnis, dass es Einen gibt, der unserer Anbetung und unseres Gehorsams würdig ist, welcher der Grund des ästhetischen und moralischen Wertes der Welt ist. Dieser theistische Hinweis auf die Werte ist eine Version des vierten Weges des Thomas von Aquin: „Deshalb muss etwas existieren, dass für alles, was ist, der Grund seines Seins, seiner Güte und Vollkommenheit ist – und diesen nennen wir Gott“.“

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